Stadt Willich Schunk: Das gestiftete Unternehmen

Stadt Willich · Seit 26 Jahren hat die Schunk Ingenieurkeramik ihren Sitz am Niederrhein – zuerst in Düsseldorf, mittlerweile in Willich. Das Besondere an der Firma? Sie wird von der Ludwig-Schunk-Stiftung geleitet und ist an ein mitarbeiterfreundliches Testament gebunden.

 Joachim Heym zeigt einen Schaltschrank, mit dem einer der Brennöfen gesteuert wird. In insgesamt 19 Öfen werden die Keramik-Erzeugnisse für 72 Stunden gebrannt.

Joachim Heym zeigt einen Schaltschrank, mit dem einer der Brennöfen gesteuert wird. In insgesamt 19 Öfen werden die Keramik-Erzeugnisse für 72 Stunden gebrannt.

Foto: Achim Hüskes

Seit 26 Jahren hat die Schunk Ingenieurkeramik ihren Sitz am Niederrhein — zuerst in Düsseldorf, mittlerweile in Willich. Das Besondere an der Firma? Sie wird von der Ludwig-Schunk-Stiftung geleitet und ist an ein mitarbeiterfreundliches Testament gebunden.

Entspannt geht es zu bei der Schunk Ingenieurkeramik in Willich. In den Fertigungshallen des Zulieferers für Keramik-Erzeugnisse wie Brenner für Öfen oder Platten für Schutzwesten ist es nicht hektisch: Die Mitarbeiter gehen mit der zerbrechlichen Ware vorsichtig um. "Unsere Produkte verkaufen wir auf der ganzen Welt", sagt Joachim Heym, Vorsitzender der Geschäftsführung. Er ist das Paradebeispiel eines "Schunkianers": Ohne Abitur oder Studienabschluss hat er eine Ausbildung zum Technokeramformer gemacht, später wurde er dann noch staatlich geprüfter Techniker für Maschinenbau und hat zehn Jahre bei Rosenthal gearbeitet, bevor er 1985 zu Schunk gewechselt hat. "Seitdem habe ich mich immer weiter hochgearbeitet", erzählt der 53-Jährige.

Neue Anwendungsgebiete suchen

Vielleicht ist das der Grund, warum die Schunk Ingenieurkeramik mit ihren 250 Mitarbeitern — eine von rund 60 Gesellschaften weltweit, die zur Schunk Gruppe gehören — erfolgreich ist: Hier stehen die Menschen im Mittelpunkt. Jeder Mitarbeiter soll eine Chance bekommen. Vorgegeben ist dies vom Gründer des Unternehmens höchstpersönlich. Ludwig Schunk, der die Firma 1913 gegründet hatte, ließ sie nach seinem Tod in eine Stiftung überführen, denn er hatte keine Erben. Auf diese Weise stellte er sicher, dass seine Nachfolger das Unternehmen in seinem Sinne weiterführen, und schützte sein Lebenswerk langfristig. "Im Testament ist vermerkt, dass der Gewinn genutzt werden soll, um den Fortbestand des Unternehmens zu gewähren", erklärt Heym. Deswegen ist es der Schunk Ingenieurkeramik sowie der gesamten Schunk Gruppe möglich, langfristige Projekte zu planen und auch umzusetzen. "In Aktiengesellschaften sind die Aktionäre meist an schnellem Gewinn interessiert", sagt Heym. "Dabei wird kurzfristig investiert, aber das ist nicht immer sinnvoll." Schunk-Unternehmen arbeiten also strategischer als Aktiengesellschaften.

Bei der Ingenieurkeramik versuchen die Entwickler deshalb, neue Verwendungszwecke für die Keramik zu finden. "Wir stellen zum Beispiel verschiedene Brenner für Öfen her", sagt Schunk. Keramik ist leichter und auch temperaturbeständiger als Stahl. Ein neueres Anwendungsgebiet ist der Personenschutz: In Westen werden Keramikplatten eingenäht, um Personen vor Verletzungen zu schützen. Bei der Projektplanung haben die Führungskräfte immer im Kopf, dass "langfristige Partnerschaften angelegt werden sollen", sagt Heym. Natürlich muss sich auch die Schunk Gruppe mit der Globalisierung auseinandersetzen. Doch statt günstig in Asien oder Südamerika zu produzieren, versucht Schunk, Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. "Wir leisten die grundlegenden Fertigungsschritte hier", erklärt Heym. Die Siliciumcarbid-Mischung, aus der die Keramiken bestehen, ist zum Beispiel ein Betriebsgeheimnis. Deswegen werden die Brenner hierzulande hergestellt und dann erst ins Ausland verkauft, wo sie in Öfen eingebaut werden.

Wenig Fluktuation

Auf diese Weise konnten sogar Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen werden. Ohnehin ist die Personalfluktuation niedrig. "Es kam sogar schon vor, dass die Firmen so viel Gewinn erwirtschafteten, dass die Mitarbeiter einen Bonus ausgezahlt bekommen haben", erinnert sich Heym. "Kollegen aus der freien Wirtschaft sind manchmal neidisch, weil ihr Tagesgeschäft so viel hektischer ist."

(RP)
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