Düsseldorf RP-Leser: Ganztag nicht lebensnah

Düsseldorf · Viele Eltern haben sich zum Thema "offene Ganztagsschulen" (OGS) geäußert. Die meisten sind mit der Umsetzung nicht zufrieden. Das Personal sei nicht professionell genug, es gebe zu wenig Platz und Ausnahmeregelungen sollten organisatorisch möglich sein, so die Meinung.

 Ihrem siebenjährigen Sohn Lukas hilft Ulla Gerling bei den Hausaufgaben. Sie hat ihr Kind aus dem offenen Ganztag abgemeldet und kann sich nun, wenn sie Zeit hat, selbst um Lukas kümmern.

Ihrem siebenjährigen Sohn Lukas hilft Ulla Gerling bei den Hausaufgaben. Sie hat ihr Kind aus dem offenen Ganztag abgemeldet und kann sich nun, wenn sie Zeit hat, selbst um Lukas kümmern.

Foto: Andreas Endermann

Die meisten RP-Leser finden das Konzept des offenen Ganztags (OGS) zwar gut, merken aber, dass Theorie und Praxis zu weit voneinander abweichen. Was auf dem Papier gefordert wird, ist an den Schulen noch nicht umgesetzt. Deswegen sind die meisten auch nicht bereit, die festen Abholzeiten zu akzeptieren.

Ulla Gerling berichtet aus der Praxis: "Solange nicht genügend pädagogisches Personal zur Verfügung steht, Freizeit- und Bildungsangebote lediglich auf dem Papier stattfinden und die Kinder mehr verwahrt als betreut werden, sollte man über jede Mutter froh sein, die in der Lage ist, sich am Nachmittag um ihre Kinder selbst zu kümmern." Sie hat ihren siebenjährigen Sohn Lukas seit Sommer von der OGS abgemeldet und organisiert die Betreuung selbst. Sie findet, dass mehr Individualität bei den Abholzeiten allen gut täte: "Den Kindern, die abgeholt werden, und auch den Kindern, deren Eltern es nicht einrichten können. Denn die freie Zeit der Erzieher käme ihnen zu Gute."

Jutta van Bühl findet die neuen festen Abholzeiten in der Ganztagsschule weder kunden- noch bedarfsorientiert. "Sollen wir die Hobbys dem Angebot der OGS anpassen?", fragt sie und ergänzt: "Ich bin davon überzeugt, dass es zwischen OGS und Nicht-OGS eine Grauzone geben muss und ein flexibler Umgang mit den Abholzeiten organisiert werden kann. Dies funktioniert in Nachbarstädten und Bundesländern ja auch."

Stefanie Bauers Sohn hat nach einer Wartezeit von einem dreiviertel Jahr einen Platz in der Städtischen Musikschule für das Hauptfach Gitarre bekommen. Für diesen Unterricht müsste er die OGS dienstags um 14 Uhr verlassen. "Dies wird uns leider nicht gewährt, aufgrund der neuen Beschlusslage der Stadt Düsseldorf", bedauert die Mutter. Eine Kooperation mit der Musikschule gibt es an der Schule ihres Sohnes nicht. "Nicht alle Schulen möchten sich darauf einlassen und blockieren dieses Angebot."

Alexandra von Reiswitz ärgert sich ebenfalls über die neuen, strikteren Regeln: "Während früher Ausnahmen genehmigt wurden, um beispielsweise vor 15 Uhr an Kursen in der Musikschule oder im Sportverein teilzunehmen, ist dieses jetzt nicht mehr möglich." Sie war bislang zufrieden mit der Handhabung und hofft, dass es in Zukunft ähnliche Lösungen geben wird.

Jörg Bergmann hingegen versteht die neuen Zeiten. "Dass die Pflicht-anwesenheitszeiten verlängert werden sollen, kann ich nachvollziehen und begrüße es, da der Nachmittag so besser für die Schulen planbar wird," sagt er. Die Schulen sollten seiner Meinung nach beide Ganztagsformen – rhythmisierten Ganztag sowie additiven mit Unterricht am Vormittag und Hausaufgabenbetreuung oder Spiel am Nachmittag – anbieten und die Eltern sich bewusst für die passende Form entscheiden.

Peter Kotzian sieht noch viele offene Fragen bezüglich der OGS: Was ist mit Kindern, die Deutsch nicht fließend sprechen – dürfen die nachmittags Sprachunterricht nehmen? Und wie sieht es aus bei denen, die alleine nach Hause gehen? "Es gibt noch viel zu regeln", sagt er und fordert: "Liebe Ämter, packt es an."

(RP)
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