Borussia Mönchengladbach Borussia an Karneval: So jeck war es schon

Mönchengladbach · Ein ungewöhnlich harmonischer Trainerwechsel, Transfer-Flops, die plötzlich zu Torjägern werden, Schlappen im DFB-Pokal und Nationalmannschaften als Testspiel-Gegner: Borussia hat ihren Fans an den närrischen Tagen schon so manche Kuriosität geboten.

Borussia Mönchengladbach: Jecke Spiele an Karneval
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Jecke Borussen-Spiele an Karneval

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An den jecken Tagen ist alles anders. Bei der Kleiderwahl ist jede Geschmacksverirrung erlaubt, es wird fleißig gebützt und geschunkelt, und die Narren bewegen sich nur noch in der Polonaise fort. Kurzum: An Karneval lassen die Narren den Alltag hinter sich und feiern von Altweiber bis Veilchendienstag frei nach der kölschen Band Brings eine "Superjeilezick".

Die Profifußballer jedoch können keine Rücksicht auf das närrische Treiben nehmen, bei ihnen steht der Alltag — wie in vielen anderen Berufssparten auch — nicht sechs Tage still. Im Gegenteil: Mit einem Sieg am Karnevalswochenende sollen sie die "Zick" ihrer Fans möglichst noch ein bisschen "superjeiler" machen. Borussias Kickern ist dies in den vergangenen Jahrzehnten mal mehr, mal weniger gut gelungen.

Optimal lief es 1956, als Gladbach am Tulpensonntag eine Riesen- überraschung in der Oberliga gelang. Albert Brülls erzielte beide Tore zum 2:1-Sieg beim späteren West-Vizemeister Schalke 04. 1970 feierte Borussia am Karnevalswochenende mit dem 4:1 auf dem Kaiserslauterer Betzenberg einen wichtigen Sieg auf dem Weg zur ersten Deutschen Meisterschaft. Und 2001 gelang den Gladbachern das seltene Kunststück, sechs Tore in einer Halbzeit zu erzielen: Beim 6:1 gegen Alemannia Aachen gingen nach der Pause regelmäßig die "Hände zum Himmel".

Jener Zweitligasieg am Bökelberg fällt in eine Zeit, in der Spieltage an Karneval längst gang und gäbe waren. Das war jedoch nicht immer so. Deswegen hatten frühere Fohlen- Teams aber nicht zwangsläufig ein freies Wochenende. 1965 hatte Borussia beispielsweise die österreichische Nationalmannschaft zu Gast. Nachdem Prinzessin Sigrid Niersia XX. den Anstoß ausgeführt hatte, siegte Hennes Weisweilers Mannschaft vor 9 000 Zuschauern am Bökelberg 3:2. Auch zwölf Jahre später empfing Borussia am Karnevalssamstag eine Nationalmannschaft. Japan war beim 0:5 gegen den amtierenden Deutschen Meister chancenlos.

Bis Mitte der Achtzigerjahre setzte der Deutsche Fußballbund auch gerne eine DFB-Pokalrunde über die jecken Tage an. Mehrheitlich war Gladbach dabei erfolgreich, doch von 1981 bis 1983 bemühten sie sich redlich, die Zeile eines anderen Karneval-Schlagers umdichten zu können: "Da simmer nimmer dabei". Denn prima war es wirklich nicht, was die Borussen damals im Pokal zustandebrachten. Zuerst verloren sie 1:3 beim 1. FC Kaiserslautern, im Jahr darauf 1:3 beim 1. FC Nürnberg, jeweils im Viertelfinale. 1983 schied Gladbach nicht an Karneval aus dem DFB-Pokal aus, kam allerdings im Heimspiel gegen Zweitligist Fortuna Köln nicht über 2:2 nach Verlängerung hinaus. Das Wiederholungsspiel in Köln verlor Borussia 1:2.

Doch genug der Negativberichte, schließlich haben sich manche Borussen an Karneval zu besonderen Leistungen hinreißen lassen. So machte es Rob Friend den Künstlern nach, die auf der Karnevalssitzung anfangen, das Publikum zu begeistern, sobald der Sitzungspräsident sie auf die Bühne gebeten hat. Der Kanadier wurde bei seiner Einwechslung 2010 gegen den 1. FC Nürnberg zwar nicht von einem Sitzungspräsidenten begrüßt, aber von Stadionsprecher Torsten Knippertz als "Schütze unseres Siegtores" angekündigt. Keine 30 Sekunden später hatte Friend das 2:1 erzielt.

Hans-Jörg Criens (beim 3:1 gegen den Karlsruher SC, 1993) und Sascha Rösler (beim 1:1 gegen Kaiserslautern, 2008) wollten indes unbedingt für den ersten Tusch der Vorstellung sorgen: Beide trafen schon in der ersten Minute. Und Igor Belanow (beim 4:0 gegen Werder Bremen, 1990) sowie Wesley Sonck (beim 3:2 gegen den SC Freiburg, 2005) zeigten sich ungewohnt treffsicher und schnürten einen Doppelpack, so dass die Fans glatt glauben konnten, die beiden Transfer-Flops hätten sich an Karneval ausnahmsweise als Torjäger verkleidet.

Verkleidet hatte sich Hans Meyer am 1. März 2003 zum Heimspiel gegen den FC Schalke 04 nicht, doch Borussias in der Kritik stehender Trainer versuchte, sich vor dem Anpfiff nach Kräften mit einem Blatt Papier vor den vielen Kamera-Objektiven zu verstecken. Meyer trat nach dem 2:2 schließlich zurück und traf noch am Abend seinen Nachfolger Ewald Lienen zur Staffel-Übergabe. Ein ungewöhnlich harmonischer Trainerwechsel im harten Profigeschäft Bundesliga — auch das gab es bei Borussias "Superjeilezick".

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