Kleve Digital hinken Klever Schulen hinterher

Kleve · Den weiterführenden Schulen fehlt es an Tablets, W-Lan-Netzen und schlüssigen Konzepten. Andere Schulen in NRW sind digital sehr viel weiter. Die Stadt will nun ein Medienkonzept vorlegen, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) hat den "Digitalpakt" vorgestellt. Fünf Milliarden Euro will die Bundesregierung den 40.000 Schulen bundesweit zur Verfügung stellen, damit sie kräftig in digitale Ausrüstung investieren. Denn die deutschen Schulen sind im internationalen Vergleich bei der Medienkompetenz nur graues Mittelmaß. Schüler hierzulande benutzen Computer und Internet vor allem zum Chatten und Spielen, aber nur in geringem Umfang für Lernen und Hausaufgaben. Dabei bringen sie sich die Computerkenntnisse vor allem selber bei, die Schulen spielen in der digitalen Wissensvermittlung eine viel zu geringe Rolle, bemängelt die groß angelegte Studie "International Computer and Information Literacy Study" (ICILS).

Doch wie sieht es an den weiterführenden Schulen in Kleve aus? Sind sie technisch ausreichend ausgestattet und bieten sie Lernmethoden und -inhalte, die die Schüler auf die Herausforderungen einer immer stärker digitalen Welt vorbereiten. Wir haben bei den Schulleitern des Freiherr-von-Stein-Gymnasiums, des Konrad-Adenauer-Gymnasiums, der Gesamtschule, der Karl-Kisters-Realschule und der Sekundarschule sowie bei der Stadt nachgefragt. Das Ergebnis gibt zu denken: Vieles was Modellschulen in NRW längst praktizieren, ist in Kleve Zukunftsmusik. Während andernorts ganze Klassen ihr eigenen Notebooks im Unterricht nutzen oder Schüler per Tablet recherchieren und kleine Erklär-Filme drehen, fehlt es hier oft an ausreichendend Geräten oder an W-Lan-Netzen, die eine Verbindung ins Internet ermöglichen. Zudem brauchen die Schulen schlüssige Konzepte. Die Stadt hat das erkannt und ein Medienkonzept beim Beratungsbüro Dr. Garbe & Lexis in Auftrag gegeben. Im Frühjahr soll es im Schulausschuss vorgestellt werden.

Computer Die weiterführenden Schulen in Kleve verfügen alle über PC, entweder in Computerräumen oder in Fachräumen. Aber schon Notebooks in größerer Menge haben nicht alle. Immerhin besitzen das Freiherr-von-Stein-Gymnasium einen Satz in den Naturwissenschaften und die Karl Kisters Realschule einem mobilen Notebookwagen. Digitale Whiteboards nutzen alle der befragten Schulen, die Sekundarschule am Standort Kleve allerdings nicht.

Sehr viel schlechter sieht es dagegen bei der Ausstattung mit Tablets aus: Die Gesamtschule Kleve verfügt über 14 Tablets, die Gymnasien, Realschule und Sekundarschule dagegen über kein einziges. Dabei bieten die Tablets vielfältige Einsatzmöglichkeiten: Schüler können mobil im Internet recherchieren oder für Projekte Fotos und Bewegbilder machen, zudem gibt vielfältige Lern-Apps für Tablets. "Wir würden gerne Tablets im Unterricht ausprobieren, aber es gibt noch viele ungeklärte Fragen", erklärt Heinz-Bernd Westerhoff vom Konrad-Adenauer-Gymnasium. Und Schulleiterin Gabriele Pieper von der Sekundarschule erklärt: "Auf Dauer brauchen wir Tablets und Notebooks." Insgesamt können gerade einmal zwei bis drei Klassen pro Schule gleichzeitig die vorhandenen Computer nutzen.

Erschreckend sind die Zahlen, wenn man sie mit denen von anderen Schulen in NRW vergleicht, die viel Wert auf Medienkompetenzförderung der Schüler legen und die als "Medienschulen" anerkannt sind. So bietet zum Beispiel die Gesamtschule Xanten-Sonsbeck Schülern und Lehrern 115 Leihgeräte.

Konzepte Die Gesamtschule Kleve hat auf dem Mangel reagiert und setzt auf das Konzept "Bring Your Own Device" (BYOD), was übersetzt heißt: Bring dein eigenes Gerät mit. "Die Schüler bringen ihre eigenen Smartphones oder Notebooks mit", erklärt Schulleiter Jürgen Schmitz. Damit arbeiten sie im Unterricht, zum Beispiel für kleine Internet-Recherchen. Mehr als 80 Prozent der Schüler hätten so ein Gerät, dem Rest würde eines gestellt. "Wir haben ein schlüssiges Medienkonzept entwickelt", erklärt Schmitz. Dazu gehört auch, dass Schüler zu Medien-Scouts ausgebildet werden.

"Wir würden auch gerne das BYOD-Konzept anwenden, aber wir haben kein W-Lan-Netz", sagt Pieper von der Sekundarschule. Die Gymnasien und die Realschule untersagen den Schülern die Nutzung von Smartphones. Konzeptionell setzt die Realschule vor allem auf die Schülerzeitung, wobei die Schüler Text- und Bildbearbeitung sowie BWL-Programme kennenlernen, erklärt Schulleiter Hubert Wanders. Die Sekundarschule bietet das Wahlpflichtfach "Medien und Gestalten" an, wo die Jugendlichen zum Beispiel mit Bildbearbeitung arbeiten. Die beiden Gymnasien wollen Medienkompetenz in Informatik und in den anderen Fachunterrichten vermitteln.

"Jede Schule hat andere Voraussetzungen und Möglichkeiten. Deshalb ist es entscheidend, dass die Schulen ein Medienkonzept erarbeiten", erklärt Professor Wilfried Bos von der TU Dortmund - der Bildungsforscher hat mit Professorin Birgit Eickelmann von der Universität Paderborn die ICILS in Deutschland geleitet. Es reiche nicht aus, nur Computer anzuschaffen und für schnelles Internet zu sorgen.

Netzwerke Schüler an der Gesamtschule Kleve können ihre eigenen Geräte benutzen, weil die Schule über ein extra W-Lan-Netz verfügt. Anders sieht bei den übrigen weiterführenden Schulen aus. Das Freiherr-von-Stein-Gymnasium hat zwar ein W-Lan-Netz, das aber nur von Lehrkräften und für die Notebooks verwendet werden darf. "Das zentrale Problem ist: Wer trägt rechtlich die Verantwortung, wenn Schüler in der Schule ins Internet gehen?", sagt Schulleiter Timo Bleisteiner.

Die Karl Kisters Realschule, das Konrad Adenauer Gymnasium und die Sekundarschule haben kein kabelloses Netz. "Ein W-Lan-Netz wäre sehr wichtig" sagt Westerhoff. "Ohne kommen wir nicht mehr aus", ist die Meinung der Sekundarschulleiterin. Beide hoffen, dass die Stadt bald alle Schule mit W-Lan ausstattet. Doch auch bei der Gesamtschule Kleve gibt es noch Verbesserungsbedarf. Nur an einem der zwei Standorten, in Rindern, gibt es W-Lan. "Und dort ist es viel zu langsam" erklärt der Schulleiter. Der Internetanschluss sei für so viele Nutzer einfach nicht ausgelegt.

(RP)
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