Neukirchen-Vluyn Gesamtschule sucht Dialog mit Gymnasium

Neukirchen-Vluyn · Im zweiten Jahr nach der Gründung der neuen Schulform zieht die Schulleitung ein positives Fazit. Zum neuen Schuljahr steht ein wichtiger Schritt an: Der Einzug in Räume der Hauptschule.

 Dorothee Minrath mit Schülern in der "Lerninsel". Dorthin ziehen sich Schüler für spezielle Aufgaben zurück.

Dorothee Minrath mit Schülern in der "Lerninsel". Dorthin ziehen sich Schüler für spezielle Aufgaben zurück.

Foto: Klaus Dieker

Für Maartje Schouten steht fest: Ihren Sohn vor zwei Jahren auf die neue Gesamtschule geschickt zu haben, war genau der richtige Schritt. Klar habe sie sich damals Gedanken gemacht. "Ich kannte das Gesamtschulsystem nicht, und es stand alles nur auf dem Papier." Doch nicht nur ihr Sohn fühle sich auf der Schule wohl. Die Mutter engagiert sich als Vorsitzende der Schulpflegschaft und ist voll des Lobes für das Kollegium und die entspannte, transparente Atmosphäre im Haus.

270 Jungen und Mädchen besuchen inzwischen die Jahrgänge fünf und sechs in jeweils fünf Klassen. Zurzeit bereitet sich die Schule auf einen weiteren wichtigen Schritt vor: Zum Schuljahr 2017/18 wird sie Räume der auslaufenden Hauptschule in Beschlag nehmen. Die Idee sei es, in den ehemaligen Hauptschulräumen künftig die jüngeren Gesamtschul-Jahrgänge zu unterrichten. Dann wird auch die seit vielen Jahren schon zugemauerte "Schulstraße" wieder geöffnet: Ein Gang, der schon in früheren Zeiten die an der Tersteegenstraße liegenden verschiedenen Schulen verbunden hat.

Wer künftig von einer Abteilung der Gesamtschule zur anderen geht, wird das Julius-Stursberg-Gymnasium passieren. Schulleiterin Beatrix Langenbeck-Schwich sieht diese ungewöhnliche Konstellation allerdings nicht als Problem, sondern als Chance. Sie würde gerne die Zusammenarbeit mit dem Gymnasium ausbauen - durch gemeinsame Sportwettbewerbe, gemeinsame Arbeitsgemeinschaften oder auch eine gemeinsame Schülerbücherei, die noch aufzubauen wäre.

So oder so wird das Zusammenleben von Gesamtschule und Gymnasium eng sein: Die im Bau befindliche Mensa sowie ein neuer naturwissenschaftlicher Trakt werden beiden Schulen dienen. Berührungsängste sind nur natürlich. Elternvertreter vom Gymnasium und der Gesamtschule wollen sich im Februar treffen, um sich kennenzulernen und "Verständnis füreinander zu entwickeln", sagt Maartje Schouten. "Wir treffen uns lieber freiwillig, bevor wir uns irgendwann mal treffen müssen."

Im Mit- und Nebeneinander verschiedener Schulsysteme ist die Gesamtschule trainiert. Sie ist in den Räumen der Realschule an den Start gegangen, die ähnlich wie die Hauptschule ausläuft. Es gibt noch ein gemeinsames Sekretariat von Gesamt- und Realschule, sowie gemeinsame Lehrerzimmer. Die ausgebildeten Streitschlichter unter den Realschülern (die Klassen sieben bis zehn sind noch da) sind auch Ansprechpartner für die Gesamtschüler. Und Realschüler betreuen den "Info-Point" in der Pausenhalle, wo die Gesamtschüler "Berechtigungskarten" erhalten, mit denen sie offene Angebote in der Mittagspause wahrnehmen können: Basteln, Spielen, Toben in der Turnhalle. Schulleiterin Langenbeck-Schwich ist stolz auf den Teamgeist: "Alle sind füreinander da. Wir sind eine Schulgemeinde."

Stolz ist das Leitungsteam (zu dem auch die stellvertretende Leiterin Tanja Rathmer-Naundorf und Abteilungsleiter Markus Schneider gehören) auch auf das Konzept der Gesamtschule, das auf eine individuelle Förderung der Schüler ziele. Ein wichtiger Baustein sind dabei die "Persönlichen Übungszeiten" (PÜZ). Dabei ziehen sich einzelne Schüler aus dem regulären Unterricht zurück und widmen sich speziell für sie zugeschnittenen Aufgaben. In der "Lerninsel", einem eigenen Schulraum, werden die Kinder dabei, soweit nötig, von Lehrern oder pädagogischen Mitarbeitern betreut. Dass Unterrichtsstunden ausfallen, komme an der Gesamtschule aufgrund eines ausgefeilten Vertretungsplans nicht vor, sagt Langenbeck-Schwich. Diese Verlässlichkeit sei auch wichtig für die Eltern.

Alle Schulabschlüsse bis hin zum G9-Abitur werden künftig an der Gesamtschule möglich sein. Das zusätzliche Jahr beschere den Schülern mehr Zeit zum Lernen, das entsprechend entspannt erfolgen könne. Und noch eine Besonderheit gibt es: "Zwar müssen die Schüler Vokabeln oder das Einmaleins zu Hause wiederholen oder für Klausruren lernen", sagt die Schulleiterin. "Aber herkömmliche Hausaufgaben gibt es bei uns nicht." Das gefällt nicht nur den Schülern, sondern auch deren Eltern, wie Maartje Schouten bestätigt: "Das ist total angenehm!"

(RP)
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