Serie "Strassengeschichte" Als sich um 1900 die Fassaden änderten

Erkelenz · Der Markt ist der zentrale Treffpunkt in der Innenstadt von Erkelenz. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Markt im Jahr 1452. In der Mitte des Platzes ist der Stadtbrunnen ein besonderer Blickfang.

 Die Fassaden am Erkelenzer Markt auf einer historischen Postkarte.

Die Fassaden am Erkelenzer Markt auf einer historischen Postkarte.

Foto: Sammlung Peter Linden

Im Sommer 1898 beschäftigte sich der Stadtrat von Erkelenz damit, eine "Neuordnung des allgemeinen Kennzeichnungssystems" vorzunehmen und wählte dazu eine Kommission, der die Beigeordneten Bürsgens und Terstappen sowie die Stadtverordneten Clever, Gerards und Schilling angehörten. Schon am 20. September 1898 veröffentlichte das Erkelenzer Kreisblatt die beschlossene Polizei-Verordnung zu Straßennamen und Hausnummerierungen - diese nach französischem Vorbild: rechte Straßenseite ungerade Nummern (ab 1 ansteigend), linke Seite gerade Nummern (ab 2 ansteigend).

Ausnahmen ließen die Marktplätze zu, wo weiterhin durchgehend nummeriert wurde. Natürlich auch auf dem Markt, dem zentralen Punkt von Erkelenz, der schon frühe Erwähnungen im Rheinischen Städteatlas hat: 1452 "op deme Wolmart" und 1480 "niewermart". Bekannt ist auch, dass hier das Gewandhaus oder Stadthaus stand, das beim verheerenden Stadtbrand von 1540 ein Opfer der Flammen wurde. Aufgebaut wurde es bis 1546 an derselben Stelle. Das Alte Rathaus wurde bis 1918 als solches genutzt, ab 1922 dann Heimatmuseum. Brandbomben zerstörten 1940 den Dachstuhl, weitere Bombentreffer richteten 1945 ebenfalls große Schäden an, doch schon 1949/50 und 1955/56 erfolgte der Wiederauf- und Ausbau zur "guten Stube der Stadt".

Dass der Markt nicht mit der Hausnummer 1 beginnt, sondern mit der Nummer 4 (Herle-/Kehren-Haus), hat damit zu tun, dass, wie in alten Städten üblich, auch rund um die St. Lambertuskirche in Erkelenz ein Kirchhof angelegt war. Er wurde bis zur Neuanlage des Friedhofes an der Brückstraße benutzt, der 1825 geweiht wurde. Bis zur Neugestaltung des Marktes im Jahr 1957 stand in der Ecke zwischen der Buchhandlung Kehren und dem stufigen Abgang zur Bäckerei Goertz (Kirchstraße) ein steinernes Friedhofskreuz. Das Fassaden-Gesicht des Marktes änderte sich in den Jahren kurz vor und um 1900, als landwirtschaftliche Betriebe zunehmend Stadthäusern wichen, die dem Stil der Zeit entsprechend, schmuckreiche Zement- und Stuckfassaden hatten. Einige wenige haben die Bomben des Zweiten Weltkrieges überstanden.

Wo heute Autos parken, da blickte seit dem 10. Mai 1898 ein Bronze-Standbild Kaiser Wilhelm I. auf die Erkelenzer Untertanen. Zur feierlichen Enthüllung gab es eine weitere Attraktion, denn erstmals flackerte in Erkelenz elektrisches Licht, möglich gemacht durch den Bohrpionier Anton Raky. Das Kaiserdenkmal wurde im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen und der Sockel war bis 1926 verwaist, ehe er 1926 zur 600-Jahrfeier der Stadt Erkelenz einen obeliskartigen Aufsatz mit Adler bekam. Dieser wurde dann 1934 auf eine Wiese an der Westpromenade in Höhe des Erka-Bades (früher Eingang zur Badeanstalt) versetzt. Aktueller Blickfang in der Mitte des Marktes ist der Stadtbrunnen, der zur Erinnerung an die 650-Jahrfeier der Stadt im Jahre 1976 von dem Erkelenzer Bildhauer Peter Haak (+1983) geschaffen und zur Frühkirmes 1977 der Bürgerschaft übergeben wurde. Das acht Tonnen schwere und 3,2 Meter hohe Marmorwerk zeigt Löwen und Mispelblüten aus dem Stadtwappen. Zur Osterzeit wird der Brunnen von Kindergartenkindern festlich geschmückt. Das ist im Jahresverlauf neben dem wöchentlichen Freitags-Wochenmarkt eine von zahlreichen Attraktionen - Karnevals- und Möhnentreiben, Fahrradfrühling, City-Lauf, Historischer Lambertusmarkt, Kulinarischer Treff, Französischer Markt und das Weihnachtsdorf - die tausende und abertausende Menschen in die Erkelenzer City locken. Stets mit dem Markt als Kerntreffpunkt, auch wegen der Erkelenzer Fußgängerzone, die in zwei Bauabschnitten entstand und am 1. Dezember 1979 feierlich eröffnet wurde.

(RP)
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