Russland kritisiert Nordkorea und USA Lawrow: "Lage könnte außer Kontrolle geraten"

Pjöngjang · Nach der Entsendung von zwei US-Tarnkappenbombern nach Südkorea hat Nordkorea seine Raketen für Angriffe auf US-Ziele in Bereitschaft versetzt. Russland zeigt sich besorgt.

Angesichts der wachsenden Spannungen zwischen Nordkorea und den USA hat Russland davor gewarnt, dass die Lage "außer Kontrolle" geraten könnte. Niemand dürfe "militärisch die Muskeln spielen lassen" und versuchen, "geopolitische Aufgaben in der Region auf militärischem Weg zu lösen", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Freitag in Moskau. Vielmehr müsse alles unternommen werden, um auf den Weg des Dialogs zurückzukehren.

Die Spannungen in der Region nahmen zuletzt wieder deutlich zu, nachdem Pjöngjang als Reaktion auf die Verschärfung von UN-Sanktionen nach einem unterirdischen Atomtest den Nichtangriffspakt mit dem Süden aufgekündigt hatte. Die USA entsandten am Donnerstag zwei Tarnkappenbomber nach Südkorea, daraufhin setzte der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un seine Raketen für Angriffe auf US-Ziele in Bereitschaft. Bereits am Dienstag hatte Pjöngjang mit Angriffen gedroht und angeblich die Sondereinheiten seiner gesamten Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt.

"Provokationen sehr ernst"

US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte am Donnerstag, Washington nehme die "Provokationen sehr ernst" und werde "darauf reagieren". Sein Land werde Südkorea auch bei kleinen Provokationen zur Seite stehen und auf "jede Eventualität" vorbereitet sein. Neben Russland rief auch China am Freitag alle Staaten auf, in einer "gemeinsamen Anstrengung" die Spannungen abzubauen.

Machthaber Kim Jong Un habe die Entscheidung, seine Raketen auf Ziele in den USA zu richten, bei einem nächtlichen Treffen mit den Spitzen der Armee getroffen, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur KCNA am Donnerstag. In Pjöngjang versammelten sich am Freitag tausende Nordkoreaner in Militäruniformen, um Kim ihre Unterstützung zu zeigen.

KCNA verbreitete auch zwei Fotos des nächtlichen Treffens, das offenbar in einer militärischen Kommandozentrale stattfand. Eines der Bilder zeigte Kim mit vier ranghohen Offizieren, im Hintergrund ist eine militärische Landkarte zu erkennen. Ihr Titel lautet: "Schlachtplan der strategischen Kräfte auf dem amerikanischen Kontinent". Eingezeichnete Linien stellen offenbar die geplanten Flugbahnen der Raketen dar.

Nordkorea will "Rechnungen begleichen"

Die Zeit sei gekommen, "Rechnungen mit den US-Imperialisten angesichts der aktuellen Situation zu begleichen", zitierte die amtliche Nachrichtenagentur KCNA Kim.

Eine weitere Karte im Hintergrund der Bilder zeigt offenbar die aufgezeichneten oder vorhergesagten Bewegungen der Siebten Flotte der US-Marine im Pazifik. Ebenfalls zu sehen ist ein großer Wand-Bildschirm, der Auskunft über die Ausstattung der nordkoreanischen Marine gibt: "U-Boote: 40, Angriffsschiffe: 13, Minenabwehr-Schiffe: 6".

Kim sagte laut KCNA, im Falle einer "rücksichtslosen" Provokation seitens der USA müssten Nordkoreas Streitkräfte "erbarmungslos das US-Festland und Militärstützpunkte auf den Pazifik-Inseln Guam und Hawaii sowie deren Stützpunkte in Südkorea angreifen". Kim bezog sich mit seiner Drohung auf die Entsendung zweier atomwaffenfähiger Tarnkappenbomber vom Typ B-2 nach Südkorea durch die USA am Donnerstag.

"Atomkrieg um jeden Preis"

Dieser Schritt sei keine bloße Machtdemonstration mehr, sondern weise darauf hin, dass die USA einen "Atomkrieg um jeden Preis" entfachten, sagte der nordkoreanische Machthaber. Bereits am Dienstag hatte Pjöngjang mit Angriffen gedroht und angeblich die Sondereinheiten seiner gesamten Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Bislang reichen Nordkoreas Raketenkapazitäten nach Ansicht von Experten allerdings noch nicht aus, um US-Festland oder die Militärbasen der USA im Pazifik zu erreichen.

Ein südkoreanischer Militärvertreter sagte der Nachrichtenagentur Yonhap, an den Raketenstützpunkten des nördlichen Nachbarn sei eine deutlich erhöhte Aktivität von Personal und Fahrzeugen festzustellen. Südkorea und Nordkorea befinden sich praktisch noch immer im Kriegszustand.

Der Nordkorea-Experte von der Dongguk-Universität in Südkorea, Kim Yong Hyun, sagte, die Drohungen aus Pjöngjang dürften nicht so gedeutet werden, dass ein Krieg "unmittelbar bevorsteht". Es handele sich um eine "erwartete" Reaktion des Nordens auf die Entsendung der B-2-Bomber durch die USA.

(afp/ap/hip/nbe)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort