Frank Neas Keine Schulform ist ein Allheilmittel

Erkrath · Für den Vorsitzenden der Erkrather Schulpflegschaft steht beim Streitthema Gesamtschule die Qualität im Vordergrund.

In Erkrath wird zurzeit der Schulentwicklungsplan fortgeschrieben. Was erwarten sie?

NEAS In der Vergangenheit sind etwa in sozialen Medien viele oft recht unsachliche Diskussionen zur Erkrather Schullandschaft geführt worden. Als Stadtschulpflegschaft Erkrath (SSPE) erwarten wir eine realistische Einschätzung zu demografischen, finanziellen und zukunftsorientierten Möglichkeiten für unsere jetzigen und gegebenenfalls zukünftigen Schulen in beziehungsweise für Erkrath.

Inwieweit ist die Stadtschulpflegschaft bzw. die Meinung der Eltern wichtig? Können Sie sich einbringen?

NEAS Die SSPE hat als beratendes Mitglied Rede-und Antragsrecht im Ausschuss für Schule und Sport. Hier haben wir als offizielle Elternvertretung der Schulpflegschaften der Erkrather Schulen die Möglichkeit, unsere Einschätzung zu Themen einzubringen. Als Sprecher der SSPE nehme ich neben den Ausschusssitzungen an den Treffen der Begleitgruppe zum Schulentwicklungsplan teil. Somit ist hier eine direkte, beratende Elternbeteiligung gegeben.

Immer wieder Thema ist natürlich eine Gesamtschule. Brauchen wir eine in Erkrath?

Neas Keine Schulform ist ein Allheilmittel. Die SSPE lehnt eine ideologische Diskussion zu diesem Thema ab. Für uns Eltern steht die Qualität der Schulen an vorderster Stelle. Das Schulministerium NRW gibt Schulen viele Möglichkeiten an die Hand, ihre pädagogischen Konzepte hin zu "wirklicher" individueller Förderung zu entwickeln. Unsere Hauptschule und unser Gymneander sind nur zwei Erkrather Beispiele dafür, wie Schulqualität über Jahre hinweg positiv entwickelt werden kann. Diese Schulen stellen mittlerweile einen Magnet auch für Schüler(innen) aus Nachbargemeinden dar. Gelebte Schulentwicklung hört niemals auf. Eine Schule ist nicht automatisch gut, nur weil sie den Titel "Gesamtschule" trägt. Wenn wir über eine Gesamtschule für Erkrath sprechen, dann müssen wir über eine Gesamtschule sprechen, die alle qualitativen und konzeptionellen Komponenten vereinigt, die wir bereits an unseren bestehenden Schulen umgesetzt haben. Ansonsten erleben wir einen Rückschritt, der sich dann nur schwer korrigieren lässt.

Gibt es im Umkreis nicht schon genug Gesamtschulen? Die in Hilden ist erfolgreich, in Haan soll es bald eine geben?

Neas Die Gesamtschule in Hilden wird durch die Schulstiftung der evangelischen Kirchen im Rheinland gefördert und hat somit andere finanzielle Möglichkeiten als reine städtische Schulen. Haan ist eher ein kritisch zu betrachtendes Beispiel von einer Hau-Ruck-Einführung ohne Klärung der notwendigen Räumlichkeiten, Lehrkräfteausstattung und so weiter. Bei der Planung einer Gesamtschule ist es essenziell, eine Drittelparität von Schülern mit gymnasialer, mittlerer und Hauptschulempfehlung zu erhalten. Ansonsten geht das gewünschte pädagogische Konzept nicht wirklich auf. Aufgrund der geforderten Größe führt die Einführung einer Gesamtschule leider oftmals zu einer Kannibalisierung der bestehenden Schullandschaft. Das gilt es zu beachten.

Was halten Sie davon, so wie in Mettmann die Eltern zu befragen. Der Wille der Eltern wäre dann für die Stadt bindend. Das heißt, es muss eine Gesamtschule geschaffen werden, ob die Stadt will oder nicht?

NEAS Genau wie ihre Kinder machen auch Eltern einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess durch. Ich habe in meiner langjährigen Tätigkeit in der Schulpflegschaft viele ehemalige Grundschuleltern mit ursprünglichem Gesamtschulwunsch kennengelernt, die sich heute auf einer der bestehenden weiterführenden Schulen in Erkrath engagieren und sehr zufrieden sind. Wenn man also Eltern befragen möchte, so müsste man alle Eltern befragen, um diese Entwicklung auch abbilden zu können. Selbstverständlich müssen wir aber überlegen, wie wir den Gesamtschulwunsch in Zukunft besser berücksichtigen können. Vielleicht liegt die Lösung ja in einer Art Kreis-Gesamtschule, die mehreren Kommunen zur Verfügung steht, ohne die Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Schulformen in den Städten zu vernichten. Wir sollten jetzt erstmal die Informationen des neuen Schulentwicklungsplans abwarten.

OLIVER WIEGAND STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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