Tönisvorst Menschlichkeit ohne Kompromisse

Tönisvorst · Nach ihrer Umwandlung soll die Tönisvorster Sekundarschule Rupert-Neudeck-Gesamtschule heißen. Zur offiziellen Präsentation des neuen Schullogos war auch die Witwe des Cap-Anamur-Gründers, Christel Neudeck, gekommen.

 Christel Neudeck (von links), Schulleiter Andreas Kaiser, Bürgermeister Thomas Goßen und einige Schüler präsentierten gestern das neue Schullogo.

Christel Neudeck (von links), Schulleiter Andreas Kaiser, Bürgermeister Thomas Goßen und einige Schüler präsentierten gestern das neue Schullogo.

Foto: Wolfgang Kaiser

Bildung sollen sie bekommen, die Kinder der Rupert-Neudeck-Gesamtschule Tönisvorst, aber auch das: "Vergesst das Soziale nicht! Schaut auf die, die Hilfe brauchen, geht auf Andere zu, kümmert Euch um Kinder, die noch nicht so gut Deutsch sprechen, die schüchtern sind, die alleine stehen." Das gibt Christel Neudeck den Schülern der Sekundarschule Tönisvorst mit auf den Weg. Nach ihrer Umwandlung zur Gesamtschule ab dem kommenden Schuljahr soll die Schule den Namen des 2016 verstorbenen Rupert Neudeck tragen. Damit ist sie eine der Ersten in Deutschland. Die Politik muss dem allerdings noch zustimmen.

Rupert Neudeck und seine Frau haben 1979 den Verein "Cap Anamur/Deutsche Not-Ärzte" gegründet. Mit einem Frachtschiff, das sie mit gespendetem Geld kauften und zum schwimmenden Hospital umbauen ließen, haben sie fast 10.000 Menschen aus dem Südchinesischen Meer gerettet, die aus Vietnam fliehen wollten und dem Meer, Plünderern und Piraten hilflos ausgeliefert waren. Zu vielen dieser "Boatpeople" hat Christel Neudeck noch heute Kontakt, wie sie auf die Frage von Schülern erzählt.

Ob sie nie Angst um ihren Mann gehabt habe, der sich auch nach der Zeit auf dem Rettungsschiff weltweit engagierte, lautet eine andere Schülerfrage. "Rupert war sehr mutig, aber nicht leichtsinnig", sagt Christel Neudeck. Tatsächlich sei er einmal in Afghanistan und einmal in Eritrea in Bedrängnis geraten, aber er habe wohl immer einen guten Schutzengel gehabt. "Und er war so dünn, da flogen alle Kugeln vorbei", scherzt die 74-Jährige, die sich bis heute bei der zweiten Organisation, die die Neudecks gegründet haben, engeiert: den Grünhelmen. Das sind deutsche Handwerker, die sich verpflichten, drei Monate lang beim Aufbau von Häusern, Dörfern und zerstörten Wasserleitungen in Krisengebieten zu helfen.

Über die Idee der Tönisvorster Schule, sich nach ihrem Mann zu benennen, habe sie sich sehr gefreut, sagt Christel Neudeck, die die Stadt durch die jahrelange Zusammenarbeit mit dem Medikamentenhilfswerk Action Medeor kennt. "Rupert war ein Mensch, von dem man viel lernen kann, etwa, dass es Freude macht, anderen zu helfen." Wer im Kleinen damit anfange, könne später Großes schaffen, ist Christel Neudeck sicher. "Wir sind irgendwann zu alt, und dann seid ihr dran", wendet sich die Seniorin an die Schüler, "weil ihr jetzt schon lernt, für andere da zu sein, könnt ihr das auch später. Und das macht mir Mut."

Tatsächlich solle der Name nicht nur ein Aushängeschild sein, sagt Schulleiter Andreas Kaiser. "Rupert Neudeck steht für Ideen, die wir auch an unserer Schule verwirklichen wollen." Es sei eine Ehre und eine große Verantwortung, diesen Namen zu tragen. Auch Schulpflegschaftsvorsitzende Angela Krumpen sagt, Rupert Neudeck solle den Schülern ein Kompass sein. "Er steht für Menschlichkeit ohne Kompromisse", zitiert Krumpen den Untertitel eines Buchs von Neudeck.

Auch Christel Neudeck gibt Anregungen für Projekte an der Schule. "In unserer Heimatstadt Troisdorf haben die Schulen über verschiedene Aktionen Geld gesammelt, mit dem sie einen Schulbau in Afghanistan finanziert haben", erzählt die Witwe. Wie die Kinder und Jugendlichen das angestellt hätten, sei auf einer DVD festgehalten, die sie der Tönisvorster Schule mitgebracht hatte. Auch ein Foto ihres Mannes und ein Buch über die Geschichte von "Cap Anamur" überreicht Neudeck den Schülern.

(WS03)
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