Mönchengladbach Nachhaltige Konkurrenz für die Krawatte

Mönchengladbach · Aus Damenwäsche, Sakkos und Hosen designt Studentin Merle Vick Fliegen. Das Material bekommt sie aus Recyclingfirmen.

 "Eine Fliege ist ein Hingucker. Wer sie trägt, beweist Individualität, Mode- und Trendbewusstsein", findet die 23 Jahre alte Kleverin Merle Vick.

"Eine Fliege ist ein Hingucker. Wer sie trägt, beweist Individualität, Mode- und Trendbewusstsein", findet die 23 Jahre alte Kleverin Merle Vick.

Foto: Reichartz,Hans-Peter (hpr)

BH-Träger sollten sich ohne in die Haut einzuquetschen an die Schultern einer Frau schmiegen - und natürlich dazu beitragen, dass der BH die Büste optimal hält. Merle Vick, Studentin der Hochschule Niederrhein, hat das Aufgabengebiet der dünnen Gummibänder jetzt erweitert: Ab sofort schmiegen sie sich auch an Männernacken und geben den von ihr entworfenen modischen Fliegen aus gebrauchten Hosen, Jacken oder Röcken Halt.

"Eine Fliege ist ein Hingucker. Wer sie trägt, beweist Individualität, Mode- und Trendbewusstsein", findet die 23-Jahre alte Kleverin, die bald ihren Master im Studiengang Textil- und Bekleidungstechnik machen möchte. Für ihre Bachelorarbeit im siebten Semester hat Merle Vick ein Unternehmen rund um die Fliege aufgebaut: einen Businessplan erstellt, das Design ihrer Querbinder entwickelt, in Textilrecyclingfirmen säckeweise Material besorgt, eine Behindertenwerkstatt in Köln mit dem Nähen beauftragt, sich Marketingstrategien überlegt und einen Online-Shop eingerichtet. "Ich wollte nicht nur theoretisch arbeiten, es sollte etwas entstehen", sagt sie. Und noch etwas ist der Studentin wichtig: "Ich möchte zeigen, dass es sich wirtschaftlich rentieren kann, nachhaltig zu arbeiten." Deshalb kooperiert sie mit der Behindertenwerkstatt und nutzt nur gebrauchte Materialien. Selbst das Garn besteht aus dem Kunststoff alter PET-Flaschen. "Upcycling", nennt sich dieser Wiederaufbereitungstrend.

Bisher ließ Vick 250 Fliegen produzieren. Aus zwei breiten und einem schmalen rechteckigen Stück Stoff, Garn und einem BH-Träger oder Straps besteht ein Exemplar. Der Stoff eines Sakkos reiche für zehn Fliegen, der einer Hose für noch ein paar mehr. Die Modelle sind extravagant: Schwarz mit weißen Punkten, blau-rot kariert, im Camouflage-Muster, aus Jeansstoff, Cord, glatter oder rauer Wolle. Je nach Material sind sie leicht und dünn oder fest und etwas gröber.

 "Eine Fliege ist ein Hingucker. Wer sie trägt, beweist Individualität, Mode- und Trendbewusstsein", findet die 23-Jahre alte Kleverin Merle Vick.

"Eine Fliege ist ein Hingucker. Wer sie trägt, beweist Individualität, Mode- und Trendbewusstsein", findet die 23-Jahre alte Kleverin Merle Vick.

Foto: Reichartz,Hans-Peter (hpr)

Während eines viermonatigen Praktikums in einer Textilfirma in Dänemark hatte Vick die Idee zu ihrem Projekt: Am "Casual Friday" kamen einige ihrer Kollegen mit Querbindern um den Hals ins Büro. "Ich fand das supercool", erzählt die Studentin, "plötzlich sah ich dann überall Fliegen". Sie machte eine Trendanalyse und filterte Männer im Alter von 25 bis 30 Jahren als Zielgruppe heraus. In Dänemark habe sie sogar Fliegen mit Animalprint und Blümchenmuster entdeckt, aber das sei für den deutschen Markt zu außergewöhnlich. Ihre "nicht zu abgefahrenen", aber immer noch auffälligen Fliegen verkauft sie mittlerweile über ihren Internetshop an Männer verschiedener Altersgruppen, eine Frau zählt auch schon zum Kundenkreis. "Wolf Amsel" hat Merle Vick ihr Label genannt: Wolf sei der Nachname ihres Freundes, der natürlich jeden Tag eine Fliege trage, und das französische Wort Merle bedeute Amsel, erläutert sie. Auch, wenn die Bachelorarbeit längst benotet ist - "sie war außerordentlich präzise, bis ins letzte Detail durchdacht", lobt ihr Professor Manfred Geilhaupt - hat Merle Vick nicht vor, das Projekt Fliege abzuschließen. Gerne würde die Studentin ihre Kreationen auch in Geschäften in Mönchengladbach verkaufen, bisher habe sie jedoch noch keinen passenden Kooperationspartner gefunden. Bei der Suche kann sie jetzt auf Unterstützung der Hochschule hoffen: Im neu gegründeten Verein TexWork des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik wollen Gladbacher Studenten und Experten des Bundesverbands Mittelständischer Wirtschaft sich dafür engagieren, Projekte wie dieses erfolgreich umzusetzen. "Wir helfen der Fliege, ganz groß rauszukommen", kündigt Mitglied Manfred Geilhaupt an.

(naf)
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