Demokraten reagieren scharf auf Bush-Rede zur Lage der NationBush habe eigene "Achse des Bösen" geschaffen
Washington (rpo). In seiner Rede zur Lage der Nation verteidigte US-Präsident George Bush sein Vorgehen im Irak-Konflikt. Man werde auch weiterhin ohne Zustimmung in anderen Ländern eingreifen. Doch kaum hatte Bush seine Sicht der Dinge präsentiert, schoss sich die demokratische Opposition auf den Präsidenten ein.Die demokratische Opposition in den USA hat Präsident George W. Bush vorgeworfen, das Land international in die Isolation zu führen. In einer Reaktion auf Bushs Rede zur Lage der Nation erklärte die Oppositionsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, Bush habe eine Außenpolitik verfolgt, die die USA international isoliert dastehen ließen und die Ressourcen abziehe, die für Bildung und Gesundheitsversorgung im Land gebraucht würden. Pelosi betonte, die USA müssten "ein Licht sein für die Welt, nicht nur eine Rakete". Sie kritisierte außerdem die Milliardenverträge für Firmen wie Halliburton in Irak und betonte, der Kampf der Regierung gegen den internationalen Terrorismus sei auf dem Weg des Scheiterns. Ex-General Wesley Clark erklärte, Bush habe mit seiner Steuer-, Außen- und Innenpolitik eine eigene "Achse des Bösen" geschaffen. "Es ist eine Achse aus Steuergesetzen, die unsere Zukunft bedrohen, einer Außenpolitik, die unsere Sicherheit bedroht ... und innenpolitischen Maßnahmen, in denen die Familien zu allerletzt kommen", hieß es in einer Erklärung Clarks vom späten Dienstagabend (Ortszeit). Clark ist einer der Bewerber aus den Reihen der Demokraten um die Präsidentschaftskandidatur. Tom Daschle, Minderheitsführer im Senat, kritisierte insbesondere die massiven Steuereinschnitte. Während Bushs Präsidentschaft seien drei Millionen Jobs im privaten Sektor verloren gegangen. Um dies wieder wett zu machen, müsse die US-Wirtschaft in jedem Monat bis zum Ende der Amtszeit 226.000 Stellen schaffen. Im vergangenen Monat seien jedoch nur 1000 neue Stellen geschaffen worden.Bush: Weiterhin ohne Zustimmung eingreifenDie USA behalten sich nach den Worten von Bush vor, auch in Zukunft ohne Zustimmung internationaler Institutionen in anderen Ländern einzugreifen. Es müsse weiter solchen Staaten entgegengetreten werden, die Terroristen beherbergten und unterstützten und sie mit Massenvernichtungswaffen versorgen könnten, sagte Bush am Dienstagabend (Ortszeit) in seiner Rede zur Lage der Nation. Der weltweite Kampf gegen den Terrorismus müsse entschlossen fortgesetzt werden. In der 54 Minuten langen Rede vor beiden Kammern des Kongresses sagte Bush weiter, die US-Wirtschaft habe die Rezession nun hinter sich gelassen und sei nun dank Steuersenkungen wieder im Aufwind. Der US-Präsident rechtfertigte erneut seine Entscheidung, ohne Rückendeckung des UN-Sicherheitsrats in den Krieg zu ziehen. Die USA hätten viel internationale Unterstützung für ihre Militäraktionen in Afghanistan wie Irak gefunden. Es sei ein Unterschied, eine Koalition vieler Nationen anzuführen oder sich "den Einwänden einiger weniger" zu beugen. Eine "Erlaubnis" zum Schutz der eigenen Sicherheit bräuchten die Vereinigten Staaten nicht. Bush verteidigte in der Rede vor beiden Kammern des Kongresses in Washington auch erneut seine Entscheidung zur Invasion in Irak. Ohne das Regime von Saddam Hussein sei die Welt für alle, die Freiheit und Frieden liebten, besserer und sicherer. Ohne die amerikanische Invasion würde der gestürzte irakische Staatschef noch heute nach Massenvernichtungswaffen streben, sagte Bush. Dabei ging er nicht darauf ein, dass noch kein Beweis für irakische Massenvernichtungswaffen präsentiert wurde. Mit Bezug auf mehr als 500 in Irak getötet US-Soldaten sagte Bush: "Der Aufbau eines neuen Irak ist hart, und er ist gerecht." Bush meidet das Thema MassenvernichtungswaffenDer US-Präsident ging nicht näher auf die vergebliche Suche nach den angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen, die er ein Jahr zuvor in der Rede zur Lage der Nation als Hauptgrund für den Krieg angeführt hatte. Er betonte jedoch, ohne die Militäraktion würde Saddam Hussein weiter nach solchen Waffen streben. Nach Bushs Darstellung hat der US-Inspektor David Kay in Irak "Dutzende von Aktivitäten" nachweisen können, die in Zusammenhang mit verbotenen Waffenprogrammen stünden, und große Mengen an Rüstungstechnik, die vor den Vereinten Nationen verborgen worden seien. "Wenn wir nicht gehandelt hätten, wären die Drohungen des (UN-)Sicherheitsrats als leer entlarvt worden, wären die Vereinten Nationen geschwächt und der Widerstand von Diktatoren in der ganzen Welt ermutigt worden." Bush räumte ein, dass den USA in Irak noch harte Arbeit bevorstehe. Je mehr sich die Demokratie in Irak festsetze, desto mehr würden die "Feinde der Freiheit" alles unternehmen, um Gewalt und Furcht im Land zu verbreiten. Die Anhänger des früheren Machthabers seien zusammen mit ausländischen Terroristen weiterhin eine "ernste Gefahr". Doch machten die US-Truppen in ihrem Kampf gegen die Untergrundkämpfer Fortschritte. Harte Linie gegen "gesetzlose Regime"Als Erfolg der harten Linie der USA gegen "gesetzlose Regime" bezeichnete Bush auch die Einwilligung des libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi, auf Massenvernichtungswaffen zu verzichten. In diesem Zusammenhang erwähnte Bush nur kurz Nordkorea und Iran, die er bei gleicher Gelegenheit vor zwei Jahren der "Achse des Bösen" zugerechnet hatte. Bush warnte, es wäre eine "gefährliche Illusion" zu glauben, dass Terroristen und "gesetzlose Regime" nicht länger eine Gefahr für die USA seien. Als Teil der Offensive gegen den Terror müssten nicht nur die verschärften Sicherheitsmaßnahmen innerhalb der USA fortgesetzt werden. Im Nahen und Mittleren Osten könnten Afghanistan und Irak in Sachen Demokratisierung anderen Staaten den Weg weisen. Die Finanzierung für US-Programme zur Förderung der Demokratie in der Region wolle er verdoppeln. In den vergangenen drei Jahren habe die amerikanische Wirtschaft ihr "fundamentales" Potenzial gezeigt, indem sie eine Rezession, Terroranschläge, Skandale und die Unsicherheit des Irak-Krieg überstanden habe, führte Bush weiter aus. Weil der Kongress Steuer-Einschnitte gebilligt habe, sei die US-Wirtschaft wieder stark, "und sie wird stärker". Bush-Rede ohne überparteiliche UnterstützungAuch die Anzahl der Arbeitsplätze steige an. Um des weiteren Enstehens von Arbeitsplätzen willen müsse der Kongress die zunächst befristeten Steuersenkungen dauerhaft machen. Tatsächlich war der Job-Zuwachs in den USA in jüngster Zeit jedoch hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Bushs Rede fehlte in weiten Teilen die überparteiliche Unterstützung vor beiden Kammern des Kongresses, die er in den vergangenen Jahren bei seiner Rede zur Lage der Nation erfahren hatte. An zahlreichen Schlüsselstellen applaudierten nur die Senatoren und Abgeordneten von Bushs Republikanischer Partei, während Vertreter der Demokraten demonstrativ still blieben.