Serie Pop-ÖkonomenBert Rürup - Deutschlands Renten-Papst
Berlin (RP). Er gilt in seiner Zunft als eingebildet und etwas überkandidelt, aber er kann es sich leisten. Er ist der wohl bekannteste deutsche Ökonom der Gegenwart. Wird sein Name genannt, horcht die Fachwelt bis hoch zum Kanzleramt auf: Professor Dr. Dr. h.c. Bert Rürup beeinflusst wie kein zweiter Berater seit über einem Jahrzehnt, von Kohl über Schröder bis Merkel, die Wirtschaftspolitik des Landes. Rürup ist Vorsitzender des fünfköpfigen Sachverständigenrats; die von ihm konzipierte, staatlich geförderte Altersversorgung für Selbständige heißt im Volksmund "Rürup-Rente". Er selbst trägt den Spitznamen "Renten-Papst". Seine Stärke: Er lässt sich politisch nicht genau verorten. Er ist zwar SPD-Mitglied seit den Zeiten von Wirtschaftsminister Karl Schiller, seinem Vorbild, aber viele von Rürups Ideen kommen bei SPD und CDU gleichermaßen an. Seine Schwäche: Er redet über alles.Der Multifunktions-Politikberater hat zur Finanz-, Sozial-, Arbeitsmarkt-, Familien-, Industrie-, Infrastruktur- und Währungspolitik immer etwas zu sagen - oft nicht zur Freude von anderen Experten und Fachpolitikern. "Und er ist eitel", heißt es beim DGB, der nur selten mit ihm einer Meinung ist. Rürups Eitelkeit hat aber Grenzen: Er unterrichtet seit 30 Jahren Wirtschaftsingenieure in Darmstadt, Rufe anderer Unis lehnt er ab. "Kleine, sehr gute Universität, ausgezeichnete Studenten, gewachsener Freundeskreis", führt er als Gründe für die Ortstreue an. Bei Karl Schiller kommt er fast ins Schwärmen. "Er war analytisch und rhetorisch brillant, er hat immer gefragt, wie sich theoriegeleitete Konzepte umsetzen lassen." Was Rürup von ihm gelernt hat: "Wir Ökonomen haben eine Bringschuld zur Lösung anstehender Probleme." Vorschläge auf Basis abstrakter Annahmen zu machen, reiche nicht: "Wir müssen in die Fakten und Institutionen eintauchen. Ein mühsames Geschäft." Seine aktuellen Erfolge: die "Rente mit 67" sowie der rentendämpfende Nachhaltigkeits- und der Nachholfaktor. Der Nachholfaktor ("für den ich furchtbar beschimpft worden bin") soll dafür sorgen, dass Rentenkürzungen, die heute nicht voll greifen, später nachgeholt werden.Weniger erfolgreich ist er bei seinen Versuchen, das Gesundheitssystem zu reformieren: "Die Gesundheitspolitik ist vermint", gibt er zu. "Starke ökonomische Interessen der Beteiligten, ausgezeichnet organisierte Lobbygruppen, aber auch ideologische Barrieren" machten Reformern das Leben schwer. Hier folgt ihm die SPD nicht. Aber klein beigeben kennt der Ex-Leistungssportler nicht. Derzeit arbeitet er als Befürworter der Gesundheitsprämie am Image als künftiger "Gesundheits-Papst".