Kosten: Eine Milliarde Euro pro Jahr EU will Jahres-TÜV für alte Autos

Brüssel/Berlin · Brüssel will Autos, die älter sind als sieben Jahre, öfter zur Hauptuntersuchung schicken. Für Deutsche bedeutet das Mehrkosten von einer Milliarde Euro pro Jahr. Die EU helfe nur dem TÜV, Kasse zu machen, kritisiert der ACE.

Tüv: Die schrägsten Ausreden der Autofahrer
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Foto: Tüv Rheinland

Besitzer älterer Autos sollen nach dem Willen der EU-Kommission im Interesse der Sicherheit öfter zur Kasse gebeten werden. Ein vertraulicher Entwurf von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas für eine neue EU-Verordnung sieht offenbar vor, dass künftig jedes Jahr eine Hauptuntersuchung fällig wird, wenn das Auto älter als sieben Jahre ist.

Bislang müssen in Deutschland und vielen anderen Ländern die Fahrzeuge lediglich alle zwei Jahre zur so genannten Hauptuntersuchung, bei der die Sicherheit des Autos und der Umweltverträglichkeit seiner Abgase überprüft werden. Das Bundesverkehrsministerium erklärte gestern, man habe von solchen Plänen der EU noch keine Kenntnis.

Im einzelnen sehen die EU-Pläne laut "Financial Times Deutschland" und "Focus" folgendes vor: Bei neuen Autos soll die erste Hauptuntersuchung vier Jahre nach der Erstzulassung erfolgen. Zwei Jahre später soll es die nächste Prüfung geben. Ab dem siebten Jahr soll die Prüfung dann jährlich Pflicht sein. Für Fahrzeuge, die bei der ersten Prüfung nach vier Jahren bereits 160 000 Kilometer oder mehr auf dem Tacho haben, soll die jährliche Pflicht sogar gleich greifen, heißt es weiter.

Der Hintergrund: Die EU-Kommission will die Sicherheit auf Europas Straßen erhöhen und dazu bis zum Jahr 2015 die Prüfpraxis in ihren Mitgliedstaaten vereinheitlichen. Anfang Juli will die Kommission eine entsprechende Verordnung vorlegen. Wann die neuen Regelungen in Kraft treten, ist aber noch offen.

Besitzer werden zur Kasse gebeten

Den Prüfunternehmen wie dem TÜV und der Dekra wird die geplante Neuregelung gefallen, bitten sie die Autofahrer doch bei jeder Hauptuntersuchung (HU) kräftig zur Kasse. Eine HU kostet etwa beim TÜV je nach Bundesland zwischen 53 und 83 Euro. Entsprechend öfter müssen die Besitzer älterer Autos diesen Betrag zahlen, wenn sich die EU-Kommission durchsetzt. In Deutschland wären von der Neuregelung 25 Millionen Autos betroffen. Im Schnitt sind die Wagen, die auf deutschen Straßen unterweg sind, rund 8,5 Jahre alt.

Die Automobilclubs lehnen die Brüsseler Pläne ab. Es gebe keine Untersuchung, die beweise, dass ein höheres Fahrzeugalter auch ein höheres Unfallrisiko bedeute, betonte eine Sprecherin des ADAC. Die Fahrer älterer Fahrzeuge würden durch die Pläne aber sehr stark zur Kasse gebeten — die Mehrkosten summieren sich ADAC-Berechnungen zufolge auf mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. Betroffen wären vor allem sozial schwache Bevölkerungsgruppen, da diese in der Regel ältere Autos besäßen.

Der Vorsitzende im Verkehrsausschuss des Bundestages, Anton Hofreiter (Grüne), sieht dies anders. "Aus Gründen der Verkehrssicherheit finde ich den Vorschlag aus Brüssel richtig", sagte Hofreiter unserer Zeitung. Aus der Pannenstatistik lasse sich herauslesen, dass die Zahl der gefährlichen Pannen, wie beispielsweise Schwierigkeiten mit dem Bremssystem, bei älteren Autos größer sei.

Bei den Oppositionsparteien herrscht allerdings keine Einigkeit darüber, wie oft Autos zum TÜV sollen. "Eine jährliche TÜV-Pflicht für sieben Jahre alte Autos ist ein unsinniger, bürokratischer Quatsch", sagte der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Florian Pronold. Die Verkehrssicherheit sei in Deutschland mit den bisherigen Regeln gewährleistet. Die Bundesregierung müsse den "TÜV-Irrsinn aus Brüssel" stoppen.

(RP/jre)
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