Experte erteilt schlechte Noten Opel: Auch eine Modell-Krise?
Düsseldorf (RPO). Das Opel-Schicksal bewegt Deutschland. Findet die Krise ihre Ursache wirklich nur in der maroden Konzernmutter General Motors? Oder trägt Opel mit seiner Modell-Flotte eine Mitschuld? Liegt womöglich das Image am Boden? Antworten finden Sie hier.
Wie die Opel-Flotte hinterher fährt
"Opel ist sicher kein Vorzeigeunternehmen", urteilt der Autoexperte Dr. Ferdinand Dudenhöffer. Zwar habe sich das Image in den vergangenen Jahren Stück für Stück verbessert, doch von Marken wie Volkswagen sei Opel meilenweit entfernt. "Das einzige Modell, das zurzeit verkauft wird, ist der Corsa", blickt Dudenhöffer ernüchtert auf die Modell-Palette.
Anstelle des Mittelklasse-Neulings Insignia, der am 22. November in den Handel kommt und den erfolglosen Signum beerbt, "hätte Opel besser einen neuen Astra benötigt", sagt Dudenhöffer. Der Astra ist vom ewigen Golf-Jäger zum Ladenhüter verkommen: Der Absatz des Kompaktmodells brach 2007 um 23,3 Prozent ein. "Da hätte dringend ein Nachfolger her gemusst", so der Auto-Experte.
Kurioserweise hat eine Jury aus 59 europäischen Journalisten den Insignia am Montag wie zum Trotz zum "Auto des Jahres 2009" gekürt. Um eine Stimme siegte der Opel vor dem neuen Ford Fiesta.
Etliche Nostalgiker
Die Opel-Geschichte ist reich an erinnerungsreichen Nostalgikern. Das waren noch Zeiten, als ein Diplomat, ein Kapitän oder ein Commodore die Straßen beherrschten. Der Opel GT wurde trotz seiner kurzen Bauzeit mit seinen Schlafaugen und seiner Silhouette zur Opel-Ikone (Werbe-Slogan: "Nur Fliegen ist schöner"). In den 60ern und 70ern konnte sich Opel, das bereits 1929 in die Hände von General Motors übergegangen war, mit Mercedes oder BMW auf Augenhöhe messen.
Irgendwann kamen die Rüsselsheimer schwer aus der Spur. In den 80ern und 90ern sollten Senator oder Omega die Käufer begeistern. Das ging gründlich schief. Der Kadett blieb als schärfster Golf-Rivale die einzige echte Hausmacht des Autobauers. Mit dem Corsa gelang ein zeitgerechter Wurf im kleinen Segment. In die Oberklasse streckte sich Opel fortan vergebens. Und das in einer wichtigen Phase, als Audi vormachte, wie man die Vorherrschaft von Mercedes und BMW bricht.
Vom Trendsetter zum Ladenhüter
Von dieser verfehlten Modellpolitik hat sich Opel im Grunde trotz aller Bemühungen bis heute nicht komplett erholt. Zwar verweist General Motors oft und gerne darauf, dass wenigstens Opel die Zeichen der Zeit mit vernünftigen Autos verstanden habe. Den entscheidenden Rückstand holte Opel trotzdem nicht auf. Die Händler machten pleite.
Der Kadett-Nachfolger Astra ist aktuell nicht der einzige Blitz dessen Glanz langsam verblasst. Beispiel Zafira: Der einstige Trendsetter verzeichnete 2007 einen Absatzrückgang von 29,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr - trotz moderner Erdgas-Technologie. Das Facelift im März 2008 brachte den Siebensitzer nicht entscheidend nach vorn.
Beispiel Opel Agila: Um saftige 57,4 Prozent brach der Absatz 2007 ein. Ein Modellwechsel war absolut überfällig. Im April 2008 kam der Kleinste im komplett neuen Gewand. Obwohl Kleinwagen in diesem Jahr gefragt waren wie nie, ist der Agila bislang kein Renner. Da trifft GM in der Tat die strategische Hauptschuld: Der Mutterkonzern schuf mit dem baugleichen Suzuki Splash einen Konkurrenten im eigenen Haus, der für ebenfalls 9990 Euro zu haben ist.
VW hat die Nase immer vorn
Beispiel Opel GT: Als Cabrio des Jahres 2007 gefeiert, sieht man den Nachfolger des legendären Schlafaugen-Modells auf den Straßen kaum. Auch der im Januar 2007 ins Rennen der kompakten Geländewagen geschickte Opel Antara stottert. Mit den absoluten Verkaufszahlen des kompakten Geländewagen ist bei Opel niemand zufrieden.
Schon gar nicht im Vergleich mit dem direkten Konkurrenten VW Tiguan, der erst im November 2007 kam und dennoch so erfolgreich ist, dass Volkswagen die Nachfrage nicht decken konnte. Einen solchen Renner würde sich Opel mal wieder wünschen. Doch davon scheint das krisengeschüttelte Unternehmen kilometer- oder besser gesagt, meilenweit entfernt.
