Leverkusen Hackerangriff: Bayer hält stand

Leverkusen · Die weltweiten Cyber-Angriffe auf Bayer-Computer kamen mit Wucht. Die Attacken beschäftigen zwar die Firmenexperten rund um die Uhr, aber: Seit zehn Tagen halten die Sicherungssysteme. Bayer erstattete Anzeige.

 Angriffsziel von Cyber-Kriegern: der Bayer-Konzern. Der wichtige Server in Leverkusen mit der Adresse "www.bayer.de/com" wurde erfolgreich verteidigt.

Angriffsziel von Cyber-Kriegern: der Bayer-Konzern. Der wichtige Server in Leverkusen mit der Adresse "www.bayer.de/com" wurde erfolgreich verteidigt.

Foto: US

Der Leverkusener Konzern wurde nicht zufällig ausgewählt. Im Internet stellten Hacker vier Konzerne als mögliche Angriffsziele zur "Abstimmung".

Der Chemie- und Pharmakonzern gewann die "weltweite" Wahl, an der nur knapp über 100 Cyber-Aktivisten teilgenommen haben sollen. So wurden vor rund zehn Tagen die Attacken auf die Bayer-Computer an allen Standorten in der Welt ausgelöst, berichtete gestern Konzernsprecher Roland Ellmann.

Die Unternehmensspezialisten sprechen von vier Angriffsmethoden.

1. Mit Massenanfragen sollen beispielsweise die Server so beschäftigt werden, dass sie sich wegen Überlastung selbst abschalten.

2. Andere Hacker versuchten, die Inhalte der Bayer-Internetseiten zu scannen und Sicherheitslücken zu finden. Ziel: das Verändern der Seiteninhalte.

3. Dazu gab es Ansätze, sich Zugang zu den Konzern-Datenbanken zu verschaffen.

4. Andere anonyme Aktivisten nahmen sich das Mailsystem des Konzerns vor, um es zu knacken und zu missbrauchen.

Ganz wichtig für sein Unternehmen sei: Alle Computer, über die weltweit "geschäftskritische" Vorgänge laufen, blieben gegen die Angriffe immun, betont der Bayer- Sprecher. Der zentrale Server in Leverkusen, über die Bayer seinen zentralen und öffentlichen Internetverkehr abwickelt, wackelte nicht. Die Adressen "www.bayer.de" und "www.bayer.com" blieben am Netz.

In anderen Ländern setzt Bayer allerdings nicht so hohe Sicherheitshürden ein wie in Deutschland. So wurden beispielsweise in Italien und Indonesien Webseiten "vorsichtshalber" zumindest stundenweise vom Netz genommen.

Die Bayer-Internetspezialisten konnten nach eigenen Angaben einige IP-Computeradressen ermitteln; inzwischen hat Bayer das Landeskriminalamt Düsseldorf eingeschaltet. Die Fahndung hat die Staatsanwaltschaft Köln übernommen. LKA und Staatsanwaltschaft bestätigten den Eingang der Anzeige, gaben aber weitere Details zum Stand der Ermittlungen nicht bekannt. Vermutlich sind den Spezialisten zumindest die Standorte der Computer längst bekannt. Die verantwortlichen Hacker sollen zur Anonymus-Truppe gehören, zu der sich eigentlich jeder zählen kann, wenn er will. Im Netz werde Bayer beschuldigt, selbst die Angriffe ausgelöst zu haben, sagte der Konzernsprecher.

Als Begründung würden viele Vorwürfe genutzt, die Kritiker seit Jahrzehnten gegen Bayer verwendeten. Dazu zählen Themen wie "Beschäftigung von Nazi-Verbrechern", die Probleme mit Blutern oder die neue Diskussion um Bayer-Pillen, die angeblich schwere Gesundheitsschäden auslösen oder zum Tode geführt haben sollen. Zu allen Bereichen habe Bayer schon Stellung bezogen. Teils seien die Vorwürfe gerichtlich geklärt worden.

Computer-Experten gehen davon aus, dass Hackerangriffe auf Konzerne und Behörden in Deutschland und weltweit auf unbestimmte Zeit andauern werden, heißt es in einem Medienbericht. Die gesetzwidrigen Attacken würden ein Dauerzustand sein.

Wirtschaftlicher Schaden blieb für Bayer bislang aus — abgesehen von dem Mehraufwand in der Computer-Sicherheitsabteilung.

(RP/rl)
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