Serie Die Wupper (9) Gelungener Balanceakt der Kanuten

Remscheid · Als Kanusportler befährt Thomas Becker seinen Heimatfluss seit 40 Jahren. Heute bietet er geführte Kanutouren auf der Wupper an, die die Teilnehmer an Teilen der Solinger Industriegeschichte vorbeiführen und dabei auch sportlich fordern.

Mit dem Startpunkt am Wupperhof führt die Kanutour vorbei an vielen Schauplätzen der Solinger Industriegeschichte: von den ehemals 26 direkt an der Wupper angesiedelten Kotten sind heute an einigen Stellen noch Wehre oder andere Überreste zu sehen. Auch landschaftlich ist die Strecke typisch für das Bergische Land mit den bewaldeten Hügeln am Ufer.

Auf den geführten Kanutouren des Solingers Thomas Becker zählt nicht allein der sportliche Aspekt. "Wir erklären den Teilnehmern auch vieles, wenn wir an Resten eines alten Kottens vorbeifahren, wie beispielsweise am Friedrichstaler Kotten. Oder wir zeigen Stellen, an denen ein altes Wehr abgetragen wurde", sagt Becker.

Der Solinger befährt die Wupper als Kanute seit fast 40 Jahren und hat die Entwicklung des Flusses seit Kindertagen miterlebt. Durch die Müll- und Abwasserentsorgung in die Wupper zur Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Wupper zur Kloake. Noch bis zu den 1970er Jahren war die Wupper extrem verschmutzt. "Dreckig und stinkend" kennt auch Thomas Becker noch seinen Heimatfluss. Heute hingegen sieht er gelegentlich den Eisvogel, der an der Wupper wieder Nahrung findet.

Dementsprechend kommen die Kanutouren auf dem Fluss nicht nur sportlich einer Herausforderung gleich. Der Naturschutz an der Wupper ist bis heute ebenfalls ein Balanceakt, den die Kanuten aber beherrschen. Becker ist die Natur bei seinen Touren wichtig, denn die Wupper liegt in Solingen im Schutzgebiet für Fauna, Flora und Habitate (FFH-Gebiet). "An den Regeln, die heute auf der Wupper gelten, habe ich mitgewirkt", sagt der ehemalige Olympiasieger im Kanusport.

Kanutouren bietet Becker nur geführt an, mit Leitern, die wissen, wo sie zu den verschiedenen Jahreszeiten herfahren können, ohne der Natur zu schaden. Die Renaturierung des Flusses dauere bis heute an.

Nach all den Jahren, die Becker als Sportler auf der Wupper verbracht hat, kennt er den Fluss so gut wie kaum ein anderer. Vor allem auch seine Vorzüge: "Die Wupper ist nicht mit einem Fluss in den Bergen zu vergleichen, aber für unsere Breiten ist die Wupper landschaftlich sehr stark", so Becker.

Viele andere Flüsse seien eher stehend, "aber die Wupper ist kein reiner Wald- und Wiesenfluss", sagt der Kanute. Trotzdem sei die Wupper auch für Anfänger geeignet. "An den Wochenenden sind unsere Touren regelmäßig ausgebucht", sagt Becker. Auch für Vereins- und Betriebsfahrten oder Schulklassen ist eine Kanutour auf der Wupper beliebt.

Die Tour, die am Wupperhof beginnt, führt über Rüden und Friedrichsaue. Am Wipperkotten gibt es eine kleine Rast. Von dort aus geht später weiter flussabwärts Richtung Leichlingen und Opladen. Auch die Landschaft ändert sich: Der Fluss wird ruhiger, die Landschaft offener, es sind mehr Wiesen und Felder zu sehen. Ab hier geht es vom Bergischen ins Rheinische.

(RP)
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