Solingen Die Stadt poliert ihr Image

Solingen · Nun ist es amtlich: Solingen darf den Namenszusatz "Klingenstadt" tragen. Der NRW-Innenminister genehmigte Montag landesweit die ersten elf Bezeichnungen für Städte und Gemeinden.

Der Zusatz soll Identität stiften. Doch Werbeprofis zweifeln, ob er allein das Image der Stadt fördert.

Solingen: Die Stadt poliert ihr Image
Foto: mak

hat ein Imageproblem. Die Stadt steht im Ruf einer grauen Industriestadt. Und dazu kommt, dass viele Solingen immer noch mit dem Brandanschlag in Verbindung bringen, bei dem 1993 fünf Türkinnen starben. Der weithin beachtete Auftritt von Mevlüde Genc bei der Wahl von "Klingenträger" Joachim Gauck zum Bundespräsidenten am Sonntag in Berlin machte dies trotz des versöhnlichen Umstände der Begegnung vielen Menschen erneut bewusst.

So wurde die Nachricht des Innenministeriums gestern im Rathaus mit Freude aufgenommen: Ab sofort darf Solingen den Namenszusatz "Klingenstadt" auf Ortsschildern und in offiziellen Schreiben tragen. "Der Städtenamen Solingen wird dadurch noch mehr zu einer ,Marke', bei deren Erwähnung sich positive Assoziationen einstellen", sagte Oberbürgermeister Norbert Feith gestern.

"Das ist ein Stück Wirtschaftsförderung. Nach innen hoffen wir, dass die Solingerinnen und Solinger noch mehr Stolz auf ihre Stadt entwickeln und sich mit ihr identifizieren", so der OB. Und weiter: Klingenstadt zu sein sei ein Alleinstellungsmerkmal. So hätten sich Politik und Verwaltung bewusst für einen Zusatz entschieden, der eben nicht aus "der Retorte einer Werbeagentur" stamme. "Der Name war seit Jahrzehnten volkstümlich und wird jetzt amtlich", so Feith.

Andere sehen das skeptischer. ",Klingenstadt' allein reicht nicht", sagt Martin Stanscheit von der Agentur MSCN. Was ihm fehlt, ist die Zukunftsorientierung. Zwar sei es wichtig, sich auf historische Wurzeln zu besinnen. Doch müsse die Stadt jungen Leuten, die sie anlocken wolle, auch klar machen, "dass wir nach vorne gehen", sagte Markenfachmann Stanscheit. Dabei hat "Klingenstadt" durchaus Potenzial. Nach Stanscheits Einschätzung muss die Bezeichnung mit positiven Aussagen verknüpft werden. "Klingenstadt Solingen — wir schmieden die Zukunft" verbinde zum Beispiel die Industrietradition mit einem positiven handwerklichen Begriff — und weise nach vorne, so Stanscheit.

Eine Argumentation, die man bei der Bergischen Entwicklungsagentur (BEA) versteht. "Der Zusatz ,Klingenstadt' ist traditionell", sagte die stellvertretende BEA-Geschäftsführerin Annette Nothnagel. Dennoch sieht sie gute Chancen, die Marke "Klingenstadt Solingen" weiterzuentwickeln.

"Die ist ein touristisches Plus", so Nothnagel. Auf dieser Basis sei es möglich, eine "Brücke zwischen Tradition und Moderne zu schlagen". Erste Überlegungen gibt es bereits. So vermarktet die BEA die Werksverkäufe von Schneidwaren-Unternehmen. "Da kann man zeigen, dass die Firmen auf modernes Design setzen", so Nothnagel.

"Mit dem offiziellen Zusatz können Gemeinden und Kreise ihre Einzigartigkeit bekannt machen", beschreibt Innenminister Ralf Jäger den Sinn. "Das stiftet Identität und stärkt das kommunale Selbstbewusstsein."

Den Namenszusatz als Identifikationshilfe, als Wirtschafts- und Tourismuswerbung kostet die Stadt nicht viel. 66 Ortseingangsschilder müssen verändert werden. Das dürfte nach Berechnungen der Stadt nicht mehr als 5000 Euro erfordern. Hinzu kommen Formalitäten. So muss die Stadt etwa ihre Hauptsatzung ändern, in der Organisationsfragen festgelegt sind sowie das Aussehen von Wappen und Siegeln. Das Wappen mit der Umschrift Stadt Solingen wird bleiben.

Auch alte Vordrucke muss die Verwaltung laut Direktive des Ministeriums nicht wegwerfen. Aus "haushaltsrechtlicher Sicht" sei es akzeptabel, alte Formulare aufzubrauchen.

(RP/rl/top)
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