Solingen Leidenschaft fürs Stangentaxi

Solingen · Seit seiner Kindheit ist Jürgen Lehmann von Obussen fasziniert. Vergangene Woche ist sein neues Buch "Obusse in Deutschland" erschienen, das auch die Entwicklung des Personennahverkehrs in Solingen beschreibt.

Die Obusse begleiten Jürgen Lehmann schon fast sein ganzes Leben – seit er als kleiner Junge aus dem Fenster der Wohnung seiner Eltern am Marktplatz der Stadt Rheydt manchmal stundenlang die Obusse und die schwingenden Oberleitungen beobachtete. Seit er mit acht Jahren begann, sich die Nummern der vorbei fahrenden Stangentaxis zu notieren.

"Das waren die Nummern 51 bis 69", erinnert er sich, "die Nummer 69 war mein Lieblingswagen – wegen ihrer hellen Lackierung." Und nicht zuletzt seit er als Jugendlicher das erste Mal mit seiner Tante, die ihm einen Urlaubswunsch erfüllen wollte, nach Solingen reiste, um den Obusbetrieb zu besichtigen. Irgendwann in diesen Jahren war es auch, dass Jürgen Lehmann Obus-Fotos zu sammeln begann und immer intensiver recherchierte: 1984 veröffentlichte er seinen ersten Artikel in einer Fachzeitschrift, 1991 folgte ein Buch über Obusse und Straßenbahnen in Rheydt, im Jahr 2002 – anlässlich des 50. Jubiläums des Obusses in der Klingenstadt – schließlich das knapp 160 Seiten starke Sachbuch "Der O-Bus in Solingen". 2007 veröffentlichte er "Straßenbahn und Obus in Solingen".

Wie eine Kutsche

In der vergangenen Woche nun ist Lehmanns neuestes Werk, das er gemeinsam mit Ludger Kenning verfasst hat, erschienen: Band 2 der dreiteiligen Serie "Obusse in Deutschland" umfasst die Obus-Betriebe in Nordrhein-Westfalen und Hessen – und widmet sich, neben Krefeld, Mönchengladbach, Monheim, Gummersbach oder Neuss, Solingen auf rund 25 Seiten. Dabei ist Lehmann eines besonders wichtig: "Nur wenige Fotos im neuen Buch sind in den anderen Büchern bereits erschienen." Die neuen Bilder, in Farbe und Schwarzweiß, stammten zum Großteil aus privaten Sammlungen von deutschen, holländischen oder britischen Obus-Fans, aber auch aus dem Stadtarchiv. "Es gibt noch viele unveröffentlichte Fotos", weiß Lehmann. Und auch in den Stadtarchiven fänden sich immer wieder interessante Informationen über die Historie der Stangentaxis. "Es kommt immer wieder noch was Zutage", freut sich der 47-Jährige. Bei der Recherche zu "Obusse in Deutschland" hätten sie beispielsweise "sehr viel Interessantes" über die elektrische Transportbahn von Grevenbrück herausgefunden, die auf Fotos aussieht, wie eine Kutsche mit Oberleitungen. Alle 27 Kapitel des Buches, sagt Lehmann, der als Architekt arbeitet und in Kaarst lebt, seien gleich strukturiert: "In jedem Kapitel haben wir die Geschichte des Obusses in der jeweiligen Stadt aufgeführt sowie die Vorgeschichte des öffentlichen Personennahverkehrs. Außerdem informieren wir am Ende jedes Kapitels über die eingesetzten Fahrzeuge."

Die Faszination der Obusse, sagt der Vater zweier erwachsener Töchter, sei immer geblieben, auch über all die Jahre. "Mich begeistert das ruhige Fahren, das Dahingleiten im Obus und die Spurgebundenheit durch die Stangen. Das Zurückerinnern ermöglicht es auch, die Vergangenheit festzuhalten."

(RP)
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