Solingen Linke Ratsfraktion löst sich auf

Solingen · Gerd Schlupp, Rainer Gerhards und Birgül Ünlü werden ihre Mandate behalten und wollen sich als Fraktion unter einem anderen Namen neu konstituieren. Schlupp und Gerhards kehren der Linkspartei den Rücken.

Die Ratsfraktion der Linken löst sich auf. Dies erklärte gestern Abend Fraktionsvorsitzender Gerd Schlupp nach einer emotional geführten Sitzung in der Fraktionsgeschäftsstelle an der Augustastraße.

"Wir werden aber unsere Mandate behalten und als Fraktion weiter zusammenarbeiten", sagte Schlupp mit Blick auf seine Fraktionskollegen Rainer Gerhards und Birgül Ünlü. In Kürze wolle man sich als Fraktion "unter anderem Namen neu konstituieren".

Austritt aus der Partei

Schlupp und Gerhards kündigen zudem an, aus der Partei "Die Linke" auszutreten. "Die Frage, ob wir in eine andere Partei eintreten, stellt sich aber nicht", betonte Schlupp. Dagegen wolle Birgül Ünlü weiter in der Partei bleiben. Als Co-Vorsitzende der Linkspartei war sie am Dienstagabend (wir berichteten) indes zurückgetreten.

Die Abstimmung unter den drei Ratsmitgliedern, die Linksfraktion aufzulösen oder aber zunächst eine Mitgliederversammlung abzuwarten, ging mit 2:1 für die Auflösung aus. Schlupp selbst hatte hier zunächst dafür geworben, eine Mitgliederversammlung abzuwarten. In der Gesamtfraktion, also auch mit den Mandatstretern in den Bezirksvertretungen und Ausschüssen — insgesamt zehn waren anwesend — war ebenfalls eine Mehrheit für die Auflösung der Fraktion.

Auch hier würden Mandatsträger aus der Partei austreten, gleichzeitig aber ihre Ämter weiter bekleiden. Auslöser für die Unruhen in der Linkspartei waren Äußerungen der umstrittenen Partei-Chefin Rebekka Mruck zum Mauerbau. Von einer "klaren Mehrheit des Vorstandes" sei die Erklärung und Entschuldigung von Mruck für die missverständlichen Äußerungen im Online-Netzwerk "Facebook" akzeptiert worden, teilte die Partei gestern in einer Presseerklärung mit.

Mruck stehe "in vollem Konsens mit allen kritischen und differenzierten Stellungnahmen der Partei ,Die Linke' zu DDR und Mauerbau". Der Vorstand habe daher keinen Anlass für eine Rücktrittsforderung gesehen. Den Rücktritt von Birgül Ünlü bedauere man. Für die Fraktion war das Anlass zum Handeln, zumal Schlupp in den vergangenen Tagen den Rücktritt von Mruck gefordert hatte.

Auch Tim Hartkopf hat seinen Rücktritt vom Parteivorstand erklärt. "Wir brauchen keinen Kommunismus, keine Parolen und keine Verleugnung der Geschichte", erklärte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Solinger Linken hätten Leute in ihren Reihen, die nicht aus der Vergangenheit gelernt hätten.

"Leider haben diese Leute die Fähigkeit, die Partei zu ruinieren. Und Frau Mruck gehört dazu." Fraktionsgeschäftsführerin Beate Urowski ist empört. "Meine Familie ist selbst durch den Mauerbau getrennt worden", berichtet sie. "Wenn jetzt bei Bildern von Maueropfern von einem Vorstandsmitglied behauptet wird, das sei faschistische Propaganda, da wird mir schlecht."

Für Gerd Schlupp ist nach den Entscheidungen von gestern Abend das Gestaltungsbündnis mit SPD, Grünen und der BfS gesichert. Zwischen den Verantwortlichen des Bündnisses liefen gestern die Telefondrähte heiß. Obwohl zum Beispiel SPD-Fraktionsvorsitzender Ernst Lauterjung vor "Schnellschüssen" warnte, haben auch die Vertreter von BfS und Grünen große Probleme, wenn Rebekka Mruck dauerhaft Parteivorsitzende bleibt.

"Wir werden mit Partei und Fraktion heute Abend beraten, wie es weitergehen soll", sagt Ernst Lauterjung, machte aber unmissverständlich klar: "Das Verhalten der Vorsitzenden darf nicht ohne Konsequenzen bleiben."

Gute Zusammenarbeit

So sieht es auch Martin Bender von der BfS. "Mit Frau Mruck ist keine Zusammenarbeit möglich", betont das Ratsmitglied. Mit den drei Ratsmitgliedern Gerd Schlupp, Birgül Ünlü und Rainer Gerhards allerdings sei die Zusammenarbeit bisher sowohl menschlich als auch politisch immer einwandfrei verlaufen.

Bender sieht die Entscheidungen der Gestaltungsmehrheit als gute Alternative zu möglichen Beschlüssen von CDU und FDP. "Die hätten das Sparpaket eins zu eins durchgepeitscht und das hätte zu einem Klima der sozialen und menschlichen Kälte geführt."

Martina Zsack-Möllmann von den Grünen spricht im Zusammenhang mit den Äußerungen von Rebekka Mruck von einem Eklat. Für Frank Schütz (CDU) war klar, dass es für die drei Ratsmitglieder der Linken nicht genüge, zu betonen, man sei anderer Auffassung als Rebekka Mruck.

Er räumt ein, mit den Ratsmitgliedern der Linken habe es keine Probleme gegeben. Doch Schütz fragte sich, wie die den Spagat zwischen Ratsmandat und Zusammenarbeit mit der Vorsitzenden hinbekommen. Darauf hat die Linksfraktion gestern Abend eine deutliche Antwort gegeben.

(RP/rl)
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