Solingen Moschee schottet sich ab

Solingen · Die Hinweistafel des "Deutsch-Islamischen Zentrums", deren Richtungspfeil in der Toreinfahrt in den Hinterhof zeigt, ist geblieben. Aber der handgeschriebene Nachname des 28-jährigen Christian E. auf dem Briefkasten der kleinen Moschee-Gemeinde in der Nordstadt ist jetzt plötzlich verschwunden.

E.'s Nachname wurde entfernt, nachdem bekanntgeworden ist, dass er die Moschee sogar als Wohnsitz angemeldet hat.

Und auch der 23-jährige Robert B. hatte dort zuletzt wohl sogar schon geschlafen. Die beiden zum Islam konvertierten Solinger, die in Großbritannien unter Terrorverdacht festgenommen wurden, sollen Salafisten sein (wir berichteten). Wortwörtlich interpretieren Salafisten den Koran und betrachten ihn als Richtschnur für alle Lebensbereiche.

Bei der Staatsanwaltschaft ist das "Deutsch-Islamische Zentrum" inzwischen verstärkt ins Visier geraten. Wie berichtet, wurde schon in der vergangenen Woche in Solingen ermittelt in Bezug auf Christian E. und Robert B. Im Gespräch mit unserer Zeitung schloss Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert gestern nicht aus, dass gegen andere Besucher der Moschee-Gemeinde in Zukunft ermittelt werden könnte.

Wer gehört zu der Gemeinde

Ordnungsrechtlich verstößt das "Deutsch-Islamische Zentrum", das sich in einer früheren, kleinen Werkstatt in einem Hinterhof an einer viel befahrenen Straße niedergelassen hat, gegen keine Bestimmungen der Stadt. Denn durch Lärmbelästigung oder erhebliche Verkehrsbehinderungen ist es nicht in Erscheinung getreten.

Das passt genau ins Bild, dass die kleine Moschee-Gemeinde vermittelt: Sie führt ein Schattendasein, schottet sich ab. Selbst für die städtische Integrationsbeauftragte Anne Wehkamp ist das "Deutsch-Islamische Zentrum" ein Unbekannter. Doris Schulz, Dialogbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises und Mitglied im christlich-islamischen Gesprächskreis, ergeht es ebenso. Sie wisse nicht, wer zu der Gemeinde überhaupt gehöre. Sie kenne weder ein Gesicht noch einen Namen.

Andere Moscheen sehr offen

Dies ist der ganz große Unterschied zu anderen moslemischen Glaubensgemeinschaften in Solingen, aber speziell auch zu den drei anderen moslemischen Gemeinden in der Nordstadt. Denn mit diesen sei man sehr wohl im Dialog. "Wir bekommen Einladungen zu Basaren und dem Iftar-Essen", also dem Fastenbrechen nach Sonnenuntergang, beschreibt Doris Schulz ein gutes, offenes Miteinander.

Jedenfalls hat die Nachricht der Festnahme von Christian E. viele völlig überrascht. Einen Besucher in einem Sportcafé der Nordstadt allerdings nicht: "Das sind eigenartige Gestalten, die durch den Hofeingang zum "Deutsch-Islamischen Zentrum" gegangen sind, vor allem in den späten Abendstunden", schildert er unserer Zeitung seine Beobachtung.

(RP)
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