Solingen Moschee unter Beobachtung

Solingen · Offen sein für Veränderungen Nicht nur für den 28-jährigen Christian E. war die Moschee in der Nordstadt sein Zuhause, bei der er sogar mit Wohnsitz gemeldet war. Auch der 23-jährige Robert B. hat zuletzt offenbar nur noch dort übernachtet.

 Die Nordstadt wird von der Konrad-Adenauer-Straße geprägt. Eine kleine Moschee-Gemeinde in einem Hinterhof ist ins Visier der Ermittler geraten.

Die Nordstadt wird von der Konrad-Adenauer-Straße geprägt. Eine kleine Moschee-Gemeinde in einem Hinterhof ist ins Visier der Ermittler geraten.

Foto: Anja Tinter

Schon seit dem 15. Juli sitzt ihr 23 Jahre alter Sohn Robert B. in Untersuchungshaft in Großbritannien. Weil er zusammen mit dem 28-jährigen Christen E. versucht haben soll, Anleitungen zum Bombenbau ins Land zu schmuggeln, stehen die beiden Solinger unter Terrorverdacht (wir berichteten).

 Integrationsbeauftragte Anne Wehkamp.

Integrationsbeauftragte Anne Wehkamp.

Foto: mak (Archiv)

Für Marlis B. ist es unbegreiflich, warum ihr 23-jähriger Sohn Robert offenbar so sehr von der kleinen Moschee-Gemeinde "Deutsch-Islamisches Zentrum" in einem Hinterhof an einer vielbefahrenen Straße in der Nordstadt in den Bann gezogen wurde. Das ist unserer Zeitung aus dem Umfeld der Familie berichtet worden.

Robert Bs. Mutter wohnt in Gräfrath, wartet schon seit über vier Wochen auf eine Nachricht von ihrem Sohn. Bisher vergeblich. Sie ist sehr besorgt. Sie und wohl auch die ganz Familie sind überzeugt, dass der 23-Jährige verführt wurde. "Alleine hätte er das doch nie gemacht."

Nach Ägypten gereist

Seit einigen Jahren schon lernt er arabisch. Das muss in die Zeit gefallen sein, als er vor drei Jahren zum Islam konvertierte. Im vergangenen Sommer beendete er seine Lehre bei einem Solinger Schneidwarenhersteller. Er kleidete sich in langen arabischen Gewändern und reiste im Herbst 2010 sogar nach Ägypten: Arabisch lernen wolle er. Wegen der Unruhen am Nil kam Robert B. im Februar zurück nach Solingen. Dem Vernehmen muss er seitdem abgedriftet sein, hatte von seiner Mutter sogar verlangt, eine Burka zu tragen.

Die Wohnung in Stöcken, in der er zuletzt gemeldet war, nutzte er offenbar nur noch zum Abstellen der Möbel. "Er hat doch immer bloß in der Moschee geschlafen", heißt es.

Jedenfalls war der 28-jährige Christian E. in der Moschee-Gemeinde des "Deutsch-Islamischen Zentrums" in der Solinger City mit Wohnsitz gemeldet. Sein Vater, der vor sechs Jahren in den Rhein-Sieg-Kreis verzogen ist, stellt sich in Medienberichten unterdessen hinter seinen 28-jährigen Sohn: Er sei kein Terrorist. Das Material, das er bei sich gehabt habe, sei im Internet frei verfügbar.

Gleichwohl bleibt das "Deutsch-Islamische Zentrum" in der City offenbar im Visier der Ermittler. Das Rechtshilfe-Ersuchen der Briten bezüglich der Solinger Beschuldigten sei abgeschlossen, sagte Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert unserer Zeitung. Ob aber auch noch gegen andere Besucher der Moschee ermittelt werden, wollte er nicht weiter kommentieren. Die Moschee ist nach wie vor geöffnet.

Stadtsprecherin Birgit Wenning-Paulsen mahnt im Gespräch mit unserer Zeitung, keine Pauschal-Vorverurteilungen vorzunehmen: Wenn gegen ein Mitglied eines Vereins oder einer Kirchengemeinde strafrechtlich ermittelt werde, würde doch auch nicht sogleich der ganze Verein aufgelöst beziehungsweise die Kirche geschlossen. Ermittlungen von Polizei und Staatsanwalt seien das eine, das Ordnungsrecht einer Kommune aber das andere: Bei Lärmbelästigung oder massiven Verkehrsbehinderungen werde die Stadt tätig. Dies ist bei der Moschee in einem Hinterhof nicht der Fall.

Kommentar

Titelseite seite A1

(RP)
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