Solingen Patienten beklagen Rauchverbot

Solingen · Altkanzler Helmut Schmidt hat mit der Sondererlaubnis, während seines Klinikaufenthalts rauchen zu dürfen, eine Diskussion entfacht. Schon jetzt missachten zahlreiche Patienten die Nichtraucherzonen der Krankenhäuser.

 Rauchen im Nichtraucherbereich: Heidi Lepenies (v.l.), Sabine Todtenbier-Romanski und Andrea Knippschild aus dem Klinikum Solingen stellen sich lieber unter, als draußen im Regen zu stehen.

Rauchen im Nichtraucherbereich: Heidi Lepenies (v.l.), Sabine Todtenbier-Romanski und Andrea Knippschild aus dem Klinikum Solingen stellen sich lieber unter, als draußen im Regen zu stehen.

Foto: Boris Schmidt

Ein Plastikbecher auf der Betonbrüstung des Solinger Klinikums quillt über vor Zigarettenstummeln. Wenige Schritte weiter steht ein Schild am Haupteingang: "Aus Sicherheitsgründen ist das Rauchen in diesem Bereich verboten." Das ist der Treffpunkt von Sabine Todtenbier-Romanski und Andrea Knippschild — zum Rauchen. Die beiden Patientinnen teilen sich ein Zimmer auf der internistischen Station. Heidi Lepenies hat sich in ihrem Rollstuhl zu ihnen unter das Dach gesellt und steckt sich eine Zigarette an. Es nieselt und ist kalt. "Bei so einem Wetter geht niemand zum Raucherbereich im Freien. Alle stehen hier", sagt die 50-Jährige. Sie raucht, wie die anderen beiden, etwa eine Schachtel am Tag. Die Zimmer der Klinik kommen dafür nicht in Frage. Dort herrscht absolutes Rauchverbot.

Ein Verbot, das andernorts für Helmut Schmidt nicht gilt. Der 92-jährige Altkanzler hat eine erneute Diskussion ums Rauchen in Krankenhäusern entfacht. Schmidt, der zurzeit wegen einer Bein-Thrombose in der Hamburger Asklepios Klinik St. Georg behandelt wird, hat die offizielle Erlaubnis, im Krankenhaus zu rauchen. Der Wunsch des bekennenden Kettenrauchers, auch dort seinem Laster zu frönen, wird sogar als Indiz für den ansonsten guten Allgemeinzustand gewertet. Es gebe für Raucher wie ihn eine Lösung, so ein Sprecher.

Das wäre in den rauchfreien Kliniken in NRW so nicht denkbar. Dort sind es Rauchmelder und verschlossene Fenster, die auf den Patientenzimmern unerlaubtem grauen Dunst vorbeugen. "Ein Großteil der Patienten hält sich auch an die Vorschriften", sagt Karin Morawietz, Sprecherin des Solinger Klinikums. "Es gibt jedoch einige Patienten, die sind bei diesem Thema resistent." Ihnen ist der Weg in die offiziellen Raucherzonen im Freien zu weit. Im Hermann-Josef-Krankenhaus Erkelenz hat die Raucherlobby erreicht, dass ein Zigarettenautomat im Krankenhaus nicht abgeschafft wird. Dabei habe laut Qualitätsmanager Stephan Demus auch in Erkelenz schon der eine oder andere Mülleimer gequalmt, weil dort noch glühende Zigarettenkippen entsorgt wurden. Im Solinger Klinikum steckte ein Patient auf der Intensivstation sogar das ganze Bett in Brand, als er sich eine Zigarette anzündete. Sachschaden: 5500 Euro.

Trotz aller Vorschriften, auf die die Patienten schon bei der Anmeldung hingewiesen werden, entdecken sie Möglichkeiten, in Krankenhäusern zu rauchen. "Ein beliebter Trick ist, nach der Nachtvisite am Fenster zu rauchen, und das Fenster nachts offen zu lassen", sagt ein Patient in Solingen. Die Angestellten selbst haben sich mit dem Nichtraucherschutzgesetz arrangiert. "Die Krankenpfleger rauchen an den ausgewiesenen Plätzen", sagt Verdi-Sprecherin Cordula Kiank. Die behandelnden Ärzte ärgern sich vor allem aus gesundheitlichen Gründen über ihre Patienten: "Viele Ärzte sind sauer auf die Raucher, aber man kann es ja nicht komplett verbieten", sagt Ilse Angerstein aus der Ruhrlandklinik Essen, eine Spezialklinik für Lungenerkrankungen.

Dass bei Helmut Schmidt eine Ausnahme gemacht wird, können die drei Damen vom Solingen- nicht nachvollziehen. "Wenn wir nicht im Zimmer rauchen dürfen, darf der auch nicht", meint Andrea Knippschild. Aber auf eine Zigarette würden sie sich trotzdem gern mal mit ihm treffen.

(RP)
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