Solingen Radikalen aller Seiten keine Chance geben

Solingen · Vor etwa drei Jahren hat Kamal Bascho zwei junge Männer vor die Tür des Islamischen Zentrums Solingen gesetzt. Ob dies dieselben sind, die nun dem "Deutsch-Islamischen Zentrum" an der Konrad-Adenauer-Straße angehören und vor zwei Wochen wegen Terrorverdachts in England festgenommen wurden, kann er nicht sagen. "Auf den Bildern des Gerichtszeichners, die jetzt in den Zeitungen waren, habe ich sie nicht erkannt. Aber sie können sich ja verändert haben", sagt der Vorsitzende des Vereins an der Florastraße.

Die Männer seien seltsam gewesen. "Sie haben kaum etwas gesagt, wollten nicht ihre richtigen Namen nennen, sondern nur ihre neuen arabischen Namen, und sie wollten nach den Gebeten so lange wie möglich in der Moschee bleiben." Das habe er Abdul M. und Abdul R. nicht erlaubt und ihnen schließlich erklärt, sie sollten nicht wiederkommen.

Bascho wehrt sich gegen das Gerücht, dass das "Deutsch-Islamische Zentrum" eine Abspaltung des Islamischen Zentrums Solingen sei. "Wir haben nichts miteinander zu tun", erklärt der Vorsitzende. Zwar habe es vor rund acht Jahren Streit im Verein gegeben um den Kauf des heutigen Moschee-Gebäudes an der Florastraße, woraufhin einige Mitglieder ausgetreten seien und sich auf andere Moscheevereine verteilt hätten. "Aber nachdem sie gesehen hatten, wie schön die Moschee geworden ist, sind einige wieder zurückgekommen, andere sind in die Heimat zurückgegangen." Ihm sei nicht bekannt, dass sich ein weiterer Teil der Mitglieder in dem "Deutsch-Islamischen Zentrum" neu formiert habe.

Überhaupt ist von dem Moscheeverein an der Konrad-Adenauer-Straße, der durch die beiden Festgenommenen jetzt ins Visier geraten ist, wenig bekannt. Selbst Anne Wehkamp, die städtische Integrationsbeauftragte, hat keinen Kontakt dorthin. "Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit mit den islamischen Vereinen aber gut", sagt sie. "Es wäre falsch, jetzt alle über einen Kamm zu scheren." Wenn sich jedoch herausstelle, dass Ideologien gegen die Verfassung verstoßen, müsse man einschreiten.

Ionna Zacharaki (SPD) fordert, noch kritischer über Religionen zu diskutieren. "Sowohl die Festnahmen in England als auch die Attentate in Norwegen beunruhigen mich", sagt sie. "Denn das zeigt, dass die Gefahr sowohl von islam-fundamentalistischer als auch von christlich-rechtsradikaler Seite da ist." Beides seien Angriffe auf die Demokratie und die Vielfalt in der modernen Gesellschaft. "Einige Menschen sehen darin eine Bedrohung, weil sie das bisher bekannte verändern kann. Aber dass sich eine Gesellschaft verändert, ist nun einmal der Lauf der Welt."

Offenheit und gemeinsame Treffen sind nach Meinung von Rita Pickardt (CDU) die wirksamsten Maßnahmen für ein friedliches Miteinander. "Die Festnahmen der zwei Solinger haben gezeigt, wie dicht der Terror vor der eigenen Haustür sein kann", sagt die Bürgermeisterin. "Das hat mich sehr erschrocken."

Auch Kamal Bascho ist schockiert davon, dass in Solingen möglicherweise ein islamistischer Anschlag vorbereitet wurde. "So etwas darf nicht sein", sagt er. Gestern Abend wollte er nach dem Ramadangebet mit den Moscheebesuchern darüber reden. "Wir müssen die Augen offenhalten. Aber natürlich kann man niemandem in den Kopf gucken."

(RP)
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