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Solingen Überstunden: Feuerwehrleute klagen

Solingen · Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts räumt Feuerwehrleuten den Ausgleich von Überstunden ein. Für die Kommunen kann das teuer werden – bei 11 400 Feuerwehrbeamten in NRW geht es um Millionen Euro. Die ersten Wehren wollen vor Gericht ziehen, um ihre Ansprüche einzuklagen.

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts räumt Feuerwehrleuten den Ausgleich von Überstunden ein. Für die Kommunen kann das teuer werden — bei 11 400 Feuerwehrbeamten in NRW geht es um Millionen Euro. Die ersten Wehren wollen vor Gericht ziehen, um ihre Ansprüche einzuklagen.

Seit 25 Jahren arbeitet Ingo Schäfer bei der Berufsfeuerwehr Solingen. Überstunden hat er in dieser Zeit selten abgelehnt. Der Wachabteilungsführer und Vorsitzende der Feuerwehrgewerkschaft NRW weiß genau: "Ohne Zusatzschichten geht es nicht im 24-Stunden-Bereitschaftsdienst. Wir sind personell knapp aufgestellt." Statt der regulären 48 Stunden arbeitete der 46-Jährige von 2002 bis 2006 im Schnitt 54 Stunden pro Woche. Innerhalb dieser fünf Jahre hat er wie viele seiner 11 400 hauptamtlichen Kollegen in NRW rund 1560 Überstunden angesammelt — ohne dafür einen Ausgleich zu bekommen.

Die zu viel geleisteten Stunden stellen die Städte jetzt vor massive Probleme. Denn laut einem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig (BVerwG) steht den Beamten der Berufsfeuerwehr ein Freizeitausgleich zu. Mehrere Feuerwehrleute aus Bielefeld hatten geklagt. Sie leisteten in der Vergangenheit regelmäßig 23 Stunden Dienst und 31 Stunden Bereitschaft. Das BVerwG entschied, dass Feuerwehrleute die Überstunden in vollem Umfang ausgleichen dürfen (AZ: 2 C 32.10 — 37.10).

In Nordrhein-Westfalen geht es nach Angaben der Feuerwehrgewerkschaft um Millionen Stunden, die jetzt abgegolten werden müssen. "Die Kommunen können die Feuerwehrleute unmöglich solange freistellen — dann wären die Feuerwachen nicht mehr besetzt, und die Pflichtaufgabe Brandschutz könnte nicht mehr erfüllt werden", sagt Stephan Neuhoff, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in NRW (AGBF) und Leiter der Kölner Feuerwehr. Dazu sind die Kommunen aber ebenfalls gesetzlich verpflichtet.

Der Städtetag Nordrhein-Westfalen, der vor allem die Großstädte vertritt, sieht "erhebliche Kosten" auf die Kommunen zukommen. Denn höchstwahrscheinlich lasse sich der Ausgleich nur über Nachzahlungen, nicht über einen tatsächlichen Freizeitausgleich steuern. Eine einzelne Überstunde kostet je nach Besoldungsgruppe im mittleren Dienst bis zu 17,59 Euro. Kleinere Städte müssten demnach mit mehreren Hunderttausend Euro rechnen, Großstädte sogar mit Millionenzahlungen. "Das ist tränentreibend und trifft viele Städte unverhofft", sagt der Beigeordnete des Städte- und Gemeindebunds NRW, Hans-Gerd von Lennep. Vor allem hoch verschuldete Kommunen treffe das empfindlich. "Wir müssten zu unseren 650 Millionen Euro weitere Schulden aufnehmen", erklärte Lutz Peters, Sprecher der Nothaushalt-Kommune Solingen. Da es sich dabei um keine freiwillige Ausgabe handele, müssten auch klamme Kommunen das Geld bereitstellen. Nun warten zunächst viele Kämmerer die schriftliche Urteilsbegründung ab, die laut einem Sprecher des BVerwG noch in diesem Jahr zu erwarten ist. Darin wird geregelt, wer welche Ansprüche hat.

Diese Abwartehaltung ärgert die Feuerwehrleute in mehreren NRW- Städten zunehmend. Deshalb streben nun Hunderte Feuerwehrbeamte eigene Klagen gegen die Städte an. In Leverkusen wollen mehr als 100 Feuerwehrleute gegen die Stadt vor Gericht ziehen — dort geht es um rund 200 000 Überstunden. In Solingen wollen sich heute ebenfalls rund 150 von 196 Beamten mit ihrem Anwalt beraten und eine Klage vorbereiten. "Uns steht jetzt gesetzlich ein Ausgleich zu, und wir verdienen es, für unsere Leistungen auch entlohnt zu werden. Es ist schade, dass die Stadt sich nicht mit uns zusammensetzen will", sagt Gewerkschaftsführer Schäfer. Die Stadt Solingen erwartet ihrem Sprecher zufolge, dass sie nicht zahlen muss und die Stunden von vor 2006 als verjährt gelten.

Andere Kommunen haben bereits vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts reagiert. Die Stadt Köln hat 2010 mit ihren 1100 Berufsfeuerwehrleuten und Pensionären einen Vergleich geschlossen. Jeder Beamte hat laut Neuhoff, dem Chef der Kölner Feuerwehr, mehr als 10 000 Euro erhalten und eine Verzichtserklärung unterschrieben. Ähnlich sei Bonn verfahren. Die Stadt Hilden hat nach Aussage ihres Ersten Beigeordneten Norbert Danscheidt bereits vor zwei Jahren mit ihren rund 50 hauptamtlichen Feuerwehrleuten eine Regelung gefunden. Der überwiegende Teil der Überstunden werde bezahlt, ein geringer Teil in Freizeit ausgeglichen. In Ratingen hat die Stadt zugesagt, geleistete Überstunden rückwirkend zu vergüten. Es gehe insgesamt um eine Summe von etwa 200 000 Euro.

Dabei ist die Spitze noch nicht erreicht: Die Gewerkschaft plant, die bislang nicht im Pensionsanspruch berücksichtigten geleisteten Bereitschaftsdienste ebenfalls geltend zu machen — für jeden Beamten mache das etwa 300 Euro aus.

(RP)
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