Solingen Züge auch leer zu schwer

Solingen · Die Posse um die Sperrung der Müngstener Brücke nimmt kein Ende. Zunächst durfte der "Müngstener" gestern bis zum Mittag wieder passieren – allerdings ohne Fahrgäste. Doch auch dies wurde nach einer Kontrolle gestoppt.

Müngstener Brücke - eine Chronologie
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Foto: Martin Kempner (Archiv)

Die Posse um die Sperrung der Müngstener Brücke nimmt kein Ende. Zunächst durfte der "Müngstener" gestern bis zum Mittag wieder passieren — allerdings ohne Fahrgäste. Doch auch dies wurde nach einer Kontrolle gestoppt.

Kaum nimmt der "Müngstener" am Bahnhof Grünewald Fahrt auf, kommt die ernüchternde Lautsprecherdurchsage: "Der nächste Halt ist Solingen-Mitte. Der Zug endet dort." Bahnreisende werden vertröstet, auf den Schienenersatzbus nach Güldenwerth auszuweichen. Auf der Remscheider Seite können sie dann erneut in die RB 47 einsteigen. Wohlgemerkt: Dabei handelte es sich Montagvormittag keineswegs um den Zug, aus dem die Reisenden soeben herausgebeten werden, sondern erst um den nachfolgenden "Müngstener".

Von dieser Posse sind die beiden Geschäftsleute aus Heidelberg, Oliver Tabino und René Kaufmann, jedenfalls kalt erwischt worden. Die Durchsage im Zug auf ihrem Weg zum Besprechungstermin bei einer Remscheider Firma hat sie völlig überrascht. "Gut, dass wir noch einen Zeitpuffer haben. Sonst würden wir zu spät kommen."

Achslast des Triebwagens zu hoch

Tabino und Kaufmann sind nicht die einzigen Fahrgäste im "Müngstener", die das Ein-und-Aussteige-Verwirrspiel vor und nach der Müngstener Brücke mit ungläubigem Kopfschütteln registrieren. Während alle Fahrgäste der Regionalbahn in Solingen-Mitte beziehungsweise Güldenwerth den Schienenersatzbus nehmen müssen, fährt der "Müngstener" während des Vormittags weiter und darf die Brücke wieder passieren. Allerdings ohne einen einzigen Fahrgast. Grund sind falsche statische Berechnungen der Bahn.

Doch ab 14 Uhr wird auch die Leerfahrt der Züge gestoppt. Damit erreicht die Posse um die Sperrung von Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke einen neuen Höhepunkt. Auslöser: Bei einer Stichprobenkontrolle des Eisenbahnbundesamtes fällt auf, dass der "Müngstener" zwar das Höchstgewicht zum Passieren der Brücke von 72 Tonnen einhält. Jedoch überschreitet eine Achslast des Triebwagens das zulässige Gewicht von maximal zehn Tonnen. Daraufhin untersagt das Bundesamt als Aufsichtsbehörde dem überprüften Zug die Fahrt über die Brücke untersagt. Eine Anordnung mit Folgen für alle Züge des "Müngsteners". Denn die Baureihe "VT 628.4" ist sämtlich mit den zu schweren Achslasten ausgestattet.

Bahnsprecher Udo Kampschulte beschwichtigt: Nun würden wie bisher die Bahnhöfe Solingen-Mitte und Remscheid Güldenwerth im Pendelverkehr angefahren. "Wegen der ohnehin verkehrenden Schienenersatzbusse ändert sich für die Fahrgäste doch nichts", berichtet er unserer Redaktion. Man sei bereits auf Hochtouren dabei, einen korrigierten Antrag dem Eisenbahnbundesamt zur Genehmigung vorzulegen. Der Bahnsprecher hat die Hoffnung, dass die nachgebesserte Statik zur Standsicherheit der Müngstener Brücke sowohl das Passieren mit den Zügen der Baureihen "VT 628.4" als auch mit Fahrgästen im "Müngstener" ermöglicht.

Eine Hoffnung, die Ulrich Motten und andere verärgerte Bahnpendler, die seit gut einem halben Jahr umständlich und zeitaufwendig den Schienenersatzverkehr nehmen müssen, schon aufgegeben haben. "Solche peinlichen Pannen dürfen der Bahn nicht passieren", sagen sie.

SPD fordert Konsequenzen

Unterdessen fordert die SPD Konsequenzen. Fraktionsvorsitzender Ernst Lauterjung spricht von einem "skandalösen Höhepunkt einer langen Geschichte unternehmerischen Versagens". Ganz offensichtlich sei manchem Bahn-Entscheidungsträger die Bedeutung der Region für das Unternehmen nicht hinreichend bewusst, betont Lauterjung in einer Erklärung. "Die Zusammenarbeit der bergischen Städte mit der Bahn muss auf eine völlig neue und dann auch dauerhaft solide Basis gestellt werden. Es bringt doch nichts, nach jeder neuen Panne kopfschüttelnd die jeweilige Ursache zu suchen."

(RP)
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