Wermelskirchen Der Gipfelstürmer

Wermelskirchen · 830 Kilometer legte Marco Storsberg zu Fuß zurück, bis er auf der Zugspitze ankam. Die Extremtour verlangte ihm körperlich und mental alles ab. Mehrmals dachte er ans Aufgeben – "das hätte ich mir später aber nie verziehen".

 Da waren sie noch gemeinsam unterwegs: Dennis Bettin (l.) und Marco Storsberg.

Da waren sie noch gemeinsam unterwegs: Dennis Bettin (l.) und Marco Storsberg.

Foto: dpa, Oliver Berg

830 Kilometer legte Marco Storsberg zu Fuß zurück, bis er auf der Zugspitze ankam. Die Extremtour verlangte ihm körperlich und mental alles ab. Mehrmals dachte er ans Aufgeben — "das hätte ich mir später aber nie verziehen".

Der Knöchel schmerzt, die Nase läuft und die Waage zeigt zurzeit sieben Kilogramm zu wenig an — das alles kann ihm aber die gute Laune nicht verderben. Marco Storsberg realisiert so langsam, was er körperlich und mental in den vergangenen Tagen durchgestanden hat. 16 Tage und zehn Stunden brauchte der 21-Jährige für die Extremtour quer durch Deutschland.

Am Dienstagnachmittag erreichte er nach rund 830 Kilometern den Gipfel der Zugspitze. "Dieses Gefühl, zum Abschluss den höchsten Berg Deutschlands bestiegen zu haben, war einfach unbeschreiblich. Ich war so kaputt, aber gleichzeitig einfach nur stolz, dass ich es geschafft habe", erzählt Storsberg nach seiner Rückkehr im BM-Gespräch.

Es war eine Wanderung mit einigen schwierigen Momenten. Vor allem morgens sei es ihm schwer gefallen, die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Besonders, als sein Freund Dennis Bettin nach acht Tagen mit einer Nierenentzündung hatte aufgeben müssen, bekam Storsberg Zweifel. "Ich habe mich mehrmals gefragt: Warum mache ich das Ganze eigentlich noch? Ich hätte es mir später aber nie verziehen, wenn ich aufgegeben hätte", sagt er.

Viele Menschen boten Hilfe an

Auf der anderen Seite habe er auch viele freundliche Menschen kennengelernt. Autofahrer, die im Radio von dem Rekordversuch gehört hatten, hielten an, wünschten Glück und motivierten ihn. Als das Navigationsgerät verloren ging und Storsberg drei Tage ohne richtige Orientierung wandern musste, half ihm zum Beispiel ein Landwirt. "Er hat mir den Weg der nächsten Etappe erklärt und mir die Route aufgeschrieben", berichtet Storsberg. Viele Menschen boten ihm Geld an oder kauften etwas zu essen.

"Das durfte ich aber nicht annehmen, das hätte ja gegen die Regeln verstoßen." Bekanntlich durfte der Extremwanderer nur essen und trinken, was er am Wegesrand fand. Kiloweise Äpfel, Birnen, Himbeeren, Brombeeren oder Pflaumen hat er auf der Tour zu sich genommen. Seine Wasserflasche, die er nach einigen Tagen der Tour im Müll gefunden hatte, füllte er meist an Brunnen oder an Wasserzapfstellen auf Friedhöfen wieder auf. Während der Tour habe er ein ganz anderes Empfinden für seinen Körper entwickelt: "Jeder Apfel hat mir kurzzeitig wieder Energie gegeben — so etwas spürt man im normalen Leben gar nicht." Er merkte, wie es sich anfühlt, wenn man körperlich und mental an seine Grenzen gelangt — und den inneren Schweinehund überwindet.

Vor jeder Etappe war klar: "Ich musste das Tagespensum von rund 50 Kilometern schaffen, durfte nicht zurückhängen", erzählt Storsberg. Auf dem Weg habe er über "Gott und die Welt nachgedacht", mit kleinen Spielchen (zum Beispiel 1000 Schritte rückwärts runterzählen) vertrieb er sich die Zeit.

Über den ersten Schokoriegel oder das erste Schnitzel nach über zwei Wochen habe er sich gefreut wie ein kleines Kind. Ebenso über eine warme Dusche und die Übernachtung in einem Bett. "Man lernt diese kleinen Dinge viel mehr zu schätzen", betont der 21-Jährige. Die nächsten Tage nutzt er nun zur Regeneration, am Montag geht es wieder zur Arbeit — dann aber nicht zu Fuß, sondern mit dem Auto.

(RP/rl/jco)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort