Wermelskirchen Mit Superillu zum Doktortitel

Wermelskirchen · Die Plagiatsfahnder nehmen immer mehr den Bürgermeister der Partnerstadt Forst, Jürgen Goldschmidt, wegen seiner Doktorarbeit ins Visier. Zur Frage der Quellenseriosität äußert sich auch Armin Himmelrath.

 Armin Himmelrath

Armin Himmelrath

Foto: H.D.

Aus aktuellem Anlass vergriffen ist zurzeit das Buch, das der Wermelskirchener Armin Himmelrath bereits 1999 mit aus heutiger Sicht visionärer Begabung über "Betrug und Fälschung in der deutschen Wissenschaft" geschrieben hat. "Der Sündenfall", unter diesem Titel beschrieb der Wissenschaftsjournalist und Hochschuldozent die damals noch wenigen, bekannten Fälle von "gefälschten" Doktorarbeiten und sonstigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Heute sind sie fast an der Tagesordnung.

Fahndungs-Hype im Internet

Denn mittlerweile ist über das Internet ein regelrechter Hype bei der Fahndung nach "falschen Doktoren" ausgelöst worden, den auch, wie wir berichteten, den Bürgermeister der Partnerstadt Forst, Dr. Jürgen Goldschmidt, nicht verschont hat. Und um den ziehen sich die Kreise der Internet-"Fahndungs"-Foren VroniPlag und Guttengate immer enger. Vor allem auf seine auch gegenüber der Bergischen Morgenpost eingeräumte Verwendung einer Statistik aus der ostdeutschen Boulevard-Zeitung "Superillu" konzentrieren sich derzeit Kritik und Analyse seiner zur Plagiatsprüfung angemeldeten Doktorarbeit.

Doch Goldschmidts Fall wird inzwischen auch zum Exempel statuiert für ein System an der Technischen Universität (TU) Berlin, wenn nicht sogar an anderen Universitäten bis hin zu den Gymnasien. Der österreichische Medienwissenschaftler, Stefan Weber, der auch als Plagiatsjäger bekannt ist, hat 125 Diplomarbeiten untersucht und ist darin auf Quellen sogar auf mehr als unwissenschaftliche Webseiten wie "Ciao.de" oder "Spielcasino.at" gestoßen.

Wundern über die Gutachter

Zum Fall Goldschmidt schreibt er: "Muss man sich da wundern, wenn ein Doktorand die Superillu als Quelle angibt? Ja muss man! Vielleicht ist es nicht mehr ganz so überraschend, aber spätestens, wenn die dazu gehörende Doktorarbeit dann auch noch mit der Bestnote bewertet wird, sollte man sich nicht nur über den Promovierten wundern, sondern auch über die Gutachter an der TU Berlin."

Dem stimmt Himmelrath zu. Auch er beobachte, dass die Quellenseriosität bei wissenschaftlichen Arbeiten immer mehr nachlasse. Der Dozent sagt: "Wenn ich eine Arbeit betreue, sehe ich nach, welche Quellen verwendet wurden und achte natürlich auch darauf, ob diese Quellen auch tatsächlich wissenschaftliche sind." Im Internet-Blog Guttengate kommentieren Leser inzwischen auch den Fall Goldschmidt. Der Tenor ist die Fragestellung, ob heute, angefangen an den Gymnasien, das richtige wissenschaftliche Auswerten und Zitieren von seriösen Quellen überhaupt noch gelehrt wird?

(RP)
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