Wermelskirchen Rathaus: 10 000 Platten werden begutachtet

Wermelskirchen · Wochenende kennt Jochen Stein nicht. Gemeinsam mit seinen Doktoranden Frithjof Bense und Heidrun Stück steht er bei der brütenden Hitze am Samstag und am Sonntag auf dem Gerüst am Rathaus. Platte für Platte kontrollieren sie die marode Fassade des Bürgerzentrums. Rund 10 000 Platten schauen sie sich an, dokumentieren sie und ordnen sie in ein Schadensregister ein. Am Ende steht eine Karte, auf der dann der Statiker sehen kann, wie es um die Fassade steht.

 Gutachter Jochen Stein (r.) mit seinem Mitarbeiter Frithjof Bense gestern beim Kartieren der Rathaus-Fassade.

Gutachter Jochen Stein (r.) mit seinem Mitarbeiter Frithjof Bense gestern beim Kartieren der Rathaus-Fassade.

Foto: Hans Dörner

2005 entdeckten Mitarbeiter im Rathaus, dass Marmorplatten abzustürzen drohten. Seither ist das Bürgerzentrum eingerüstet, Teilbereiche sind abgesperrt. Drei Millionen Euro stehen im Haushalt zur Sanierung zur Verfügung. Verschiedene, aber erfolglose Ansätze gab es bereits. Nun hat man aber mit Professor Siegfried Siegesmund von der Universität Göttingen die Koryphäe gewinnen können, der sich mit der Forschung zur Verbiegung von Marmorplatten beschäftigt. Der Geologe Stein ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Naturstein der IHK Neubrandenburg und Nordschwarzwald. Er gehört der Arbeitsgemeinschaft zur Begutachtung von Naturstein- und Fassadenproblemen an; ebenso wie Prof. Siegesmund. "Wir untersuchen jede Platte auf Risse", sagte Stein gestern. Risse können technisch bedingt sein durch die Montage oder mechanische Beanspruchung, aber auch aus der Gesteinskunde heraus. Zum Beispiel durch den Einfluss des Witterungsprozesses oder durch die verschiedenen Marmorschichten. In fünf Kategorien werden die Platten eingeteilt und daraus ein Kartenwerk erstellt. Parallel wird im Göttinger Labor die Biegsamkeit der Marmorplatten geprüft.

Das Kartenmaterial bekommt die Stadt – "wir liefern nur das Gutachten über den Zustand der Rissbildung und Durchbiegung", so Stein. Mit einem Statiker wird das Fachamt anschließend das Kartenwerk durchgehen. Frank Kieseler (Hochbauamt), der das Projekt betreut: "Der Statiker wird uns dann erklären, welche Platten ein Problem darstellen." Der Gutachter wird bereits nächste Woche seine Arbeit aufnehmen. Dann werden Jochen Stein und seine beiden Doktoranden aber noch nicht fertig sein. Vier Wochen sind angesetzt; es können aber auch ein paar Tage mehr werden, je nachdem, wie das Wetter wird. Denn Hitze scheint dem Team nichts auszumachen, eher Regen. Denn dann wird's zu gefährlich auf dem Hubsteiger.

Dass der Statiker nächste Woche beginnt, hat das Ziel, schnellstmöglich zu einem Ergebnis zu kommen. Wann dies der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, konnte Kieseler gestern nicht einschätzen. Denn das vorgelegte Statik-Gutachten müsste erst einmal intern beraten werden, um den Politikern mögliche Empfehlungen geben zu können. FRAGE DES TAGES

(RP)
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