Sonnencreme oder Regenjacke Warum Wetter-Apps so unterschiedliche Vorhersagen machen

Düsseldorf · Wetter-Apps gibt es so viele wie Wolken am Himmel. Das Kuriose: Viele zeigen für dieselbe Region ganz unterschiedliche Vorhersagen an. Einige lassen ihre Nutzer buchstäblich im Regen stehen. Woran liegt das?

Vorinstallierte Wetterdienste auf dem Smartphone sind in ihren Prognosen oft weniger gut, sagen Experten.

Vorinstallierte Wetterdienste auf dem Smartphone sind in ihren Prognosen oft weniger gut, sagen Experten.

Foto: Christoph Schroeter

Gerade in extremen Wettersituationen ist der Griff zur Wetter-App für viele Smartphone-Nutzer obligatorisch. Doch die Vorhersagen unterscheiden sich gewaltig. Gerade jetzt im Hochsommer, in dem Hitze von mehr als 35 Grad den Menschen zu schaffen machte, dann in großen Teilen NRW Starkregen für Chaos sorgte, dürfte man eigentlich meinen, dass die Wetter-Apps verlässliche Aufklärung liefern.

Manch einer hat es vielleicht schon geahnt: Die Wetter-Apps, die auf Smartphones vorinstalliert sind, liefern meist keine allzu genauen Vorhersagen. Der Grund: Diese Apps werten Wetterdaten nach dem amerikanischen Wettermodell aus, dem Global Forecast System (GFS).

In Amerika funktioniert das Modell sehr gut, meint André Kramer vom "c't"-Fachmagazin: "Nordamerika ist riesig und das Wetter auch über große Entfernungen gleich. Da ist egal, ob ich hier oder hundert Kilometer weiter weg in der Prärie stehe."

Deutschland ist dagegen landschaftlich viel kleinteiliger: Deshalb sind Wetter-Apps, die Daten nach dem europäischen (ECMWF) oder deutschen Wettermodell (ICON) auswerten, viel genauer. Denn ihre Auflösungen sind deutlich höher und erfassen regionale Unterschiede besser.

Hurrikans oder Nebel

Die diversen Modelle haben Stärken und Schwächen bei verschiedenen Wetterphänomenen, sagt Meteorologe Frank Böttcher, der im Vorstand Deutsche Meteorologische Gesellschaft sitzt. "Während beim amerikanischen Wettermodell ein Schwerpunkt auf die Vorhersage von Hurrikans gelegt wird, gibt das Modell des Deutschen Wetterdienstes mehr Klarheit über die Entwicklung von Nebel und Bodennebel."

Um möglichst genaue Vorhersagen zu treffen, greifen viele App-Entwickler auf unterschiedliche Datenquellen zurück und führen diese mit Hilfe eigener Systeme zusammen. Durch die erhöhte Rechenleistung und immer bessere Modelle sind mittlerweile Vorhersagen für bis zu fünf oder sechs Tagen recht verlässlich, meint Kramer, der für die "c't" Wetter-Apps getestet hat.

Aber: Je länger der Zeithorizont, desto schwieriger ist eine regional präzise Vorhersage. Eine gute Wetter-App zeigt über einen längeren Zeitraum deshalb nur Trends an - und keine stundengenauen Prognosen.

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Foto: dpa, tsn

Trotzdem sind die Angaben in Wetter-Apps auch tagesaktuell nicht immer eindeutig: So sind Niederschlagswahrscheinlichkeiten für den Nutzer schwierig zu interpretieren, bemängelt die Stiftung Warentest in einem Test. Die Prozentangabe sagt nämlich nichts über die die Menge des Regens aus - und ist dementsprechend auch erfüllt, wenn es nur ein paar Tropfen regnet.

Wer wissen möchte, ob er Regenjacke oder Schirm einpacken sollte oder getrost zu Hause lassen kann, dem hilft ein Regenradar. Das ist Teil vieler Apps und veranschaulicht leicht verständlich die Ausbreitung von Regenwolken.

Vollversion der DWD-App nach Urteil kostenpflichtig

Die besten Wettervorhersagen liefern nach Meinung des Meteorologen Böttcher die großen Wetter-Apps. Zu diesen zählt er neben "Warnwetter", "Weatherpro", "Wetter.com" und "Wetter Online" auch "Wetter.net" - eine App, an deren Betreiber Q.met Böttcher selbst als Gesellschafter beteiligt ist.

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In der kostenlosen Version liefert "Warnwetter" des Deutschen Wetterdienstes (DWD) nur Informationen zu witterungsbedingten Gefahrenlagen. Grund dafür ist ein Urteil des Landgerichts Bonn vom 15.11.2017 - seitdem darf der DWD die App im vollen Umfang nicht mehr kostenlos anbieten.

Die Vollversion kostet nun 1,99 Euro. Darin haben Nutzer Zugriff auf ortsbezogenes Wetter, Prognosen und einen Niederschlagsradar. Auch Informationen zur UV-Strahlung sind dann verfügbar. Allerdings zeigt die App zeigt nur Daten für Deutschland.

Anders ist das bei "Weatherpro", der Wetter-App der Meteogroup, die Nutzer weltweit übers Wetter informiert und beim "c't"-Test am besten abschnitt. In der kostenlosen Lite-Version haben Nutzer Zugriff auf eine ortsbasierte 7-Tage-Vorhersage, die in Intervalle von drei Stunden aufgeschlüsselt ist.

Außerdem gibt es Informationen zur gefühlten Temperatur, der Sonnenscheindauer und einen UV-Index. Für 2,99 Euro gibt es die Premium-Version mit genauerer Vorhersage, Wetterkarten-Zugriff und etwa Informationen zum Badewetter.

"Wetter.com" mit Prognose für 16 Tage

Die anderen drei großen Apps geben in ähnlicher Weise Auskunft über das Wetter und unterscheiden sich nur zum Teil im Funktionsumfang: So gibt "Wetter.net" Prognosen für die kommende Woche ab, warnt bei Unwetter und verfügt über ein Regenradar. Dieser ist bei Android allerdings nur in der Premium-Version enthalten.

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Eine längere Prognose liefert "Wetter.com" mit 16 Tagen. Außerdem visualisiert die App Niederschlag im Regenradar, verfügt auch über ein Wolkenradar und warnt per Push-Meldung vor Unwetter.

Und "Wetter Online" informiert Nutzer in einem 14-Tage-Trend, warnt vor Unwetter und verfügt ebenfalls über ein Regenradar. Außerdem liefert die App Informationen zu Pollenflug und Wintersport. In der Bezahlversion wird das Wetterradar etwas präziser.

Gratis- oder Bezahlversion?

"Eine gute App muss nicht kostenpflichtig sein", sagt André Kramer. "Allerdings sollten Nutzer hinterfragen, womit die Betreiber kostenloser Apps Geld verdienen", rät der "c't"-Experte. Oft wird Werbung angezeigt.

Aber Nutzer gewähren Wetter-Apps teils auch Zugriff auf sensible Daten wie den Standort. Das ist praktisch, kann aber auch missbraucht werden: Die iOS-Version der App "Accuweather" etwa soll im Sommer 2017 Standortdaten an eine Werbefirma übermittelt haben.

Redaktioneller Hinweis - Frank Böttcher ist Gründer des Hamburger Instituts für Wetter- und Klimakommunikation (IWK), das im Oktober 2017 von Q.met übernommen wurde. Seitdem ist Böttcher auch Gesellschafter der Q.met. Der Artikel erschien das erste Mal bei RP Online am 3. Mai 2018.

(csr)
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