RP Plus „Brigitte Nielsen fand ich sehr anstrengend“

Am 27. August beginnt die neue Staffel der preisgekrönten Satire-Sendung "Switch Reloaded". Einer der prägenden Parodisten des Ensembles ist Max Giermann (36). Mit RP Plus sprach er über moralische Grenzen bei der Figurenwahl, beleidigte Vorbilder und den Fluch der Trash-Formate.

RP Plus: „Brigitte Nielsen fand ich sehr anstrengend“
Foto: dapd

Am 27. August beginnt die neue Staffel der preisgekrönten Satire-Sendung "Switch Reloaded". Einer der prägenden Parodisten des Ensembles ist Max Giermann (36). Mit RP Plus sprach er über moralische Grenzen bei der Figurenwahl, beleidigte Vorbilder und den Fluch der Trash-Formate.

Sie parodieren in den neuen Folgen die überdrehte Münsteraner "Tatort"-Figur Boerne. Kann man eine Karikatur karikieren?

Max Giermann Er ist ja eine Figur aus einer ernstgemeinten Serie und keine reine Karikatur. Boerne ist glaubwürdig, wenn auch etwas überzogen für eine Krimiserie. Es ist allerdings schwieriger, eine Kunstfigur zu parodieren, als eine reale prominente Person.

Bei jemandem wie den Laufstegtrainer Jorge aus "Germany's Next Topmodel" ist der Aufwand dagegen gering, oder?

Bei ihm ist ziemlich klar, worauf man sich stürzen kann. Dafür fiel mir sein seltsamer Akzent schwer. Das ist so, als müsste man eine neue Sprache lernen.

Wie lange dauert es, bis Sie bei einer Figur das Gefühl haben: Jetzt bin ich glaubwürdig?

Das ist schwer zu sagen. Aber Glaubwürdigkeit ist auch gar nicht so wichtig. Es muss in erster Linie lustig sein. Ich denke aber bei 90 Prozent der Figuren am Anfang: Das wird nie funktionieren. Manchmal sogar bis zum Schluss. Mir fallen immer wieder Schwächen auf.

Bei wem haben Sie sich denn besonders schwer getan?

Brigitte Nielsen fand ich sehr anstrengend, allein schon wegen der weiblichen, hohen Stimme. Dabei wollte ich schon länger eine Frau spielen. Letztlich habe ich mir daran aber die Zähne ausgebissen. Joko und Klaas werden auch schwierig, denn da spiele ich zum ersten Mal zwei Rollen in einer Szene.

Entscheiden Sie selbst, wen Sie parodieren, oder gibt es Vorgaben?

Das entscheiden wir in der Regel gemeinsam. Es kommt auch vor, dass sich zwei Schauspieler die gleiche Rolle wünschen. Da wird dann auch mal nach praktischen Kriterien entschieden, zum Beispiel, wessen Nase besser passt. Ich persönlich hätte nie Markus Lanz vorgeschlagen, weil er wenig Ecken und Kanten hat. Am Ende hat es dann doch funktioniert, aber ich musste hart daran arbeiten.

Gibt es moralische Grenzen bei der Figurenwahl?

Das kommt auf den Kontext an. Zurzeit würde ich bestimmt keinen neuen Brigitte-Nielsen-Sketch machen, weil sie buchstäblich am Boden liegt. Da muss ich nicht noch draufhauen. Witze über Amy Winehouse waren irgendwann auch tabu. Es gibt bei uns im Ensemble auch Leute, die nicht bei Obersalzberg (Parodie auf Hitler und Stromberg, Anm. d. Red.) mitmachen wollen. Das kann jeder selbst entscheiden.

Können Sie überhaupt noch Menschen im Fernsehen sehen, ohne auf deren Macken zu achten?

Wenn ich in einer "Switch"-Phase bin, fällt mir das schon schwer. Joko und Klaas konnte ich zuletzt nicht entspannt gucken. Dabei mag ich ihre Sendung "Neo Paradise" sehr.

Die meisten Ihrer Opfer behaupten, sie fänden Ihre Parodien urkomisch. Ist wirklich keiner beleidigt?

Wenn die Leute mir sagen, sie finden das toll, dann glaube ich ihnen das. Stutzig werde ich eher, wenn ich von jemandem gar nichts höre, wie zum Beispiel von Reinhold Beckmann. Der ist letztens am Flughafen einfach an mir vorbeigelaufen. Vielleicht hat er mich auch nicht erkannt. Ein wenig gekränkten Stolz gibt es bei einigen wohl schon. Wenn Sie sich in der Fußgängerzone malen lassen und der Künstler verpasst Ihnen eine Riesennase, sind Sie wahrscheinlich auch nicht begeistert.

Fällt Ihnen eine Parodie schwerer, wenn der Parodierte im selben Raum ist?

Es macht die Parodie manchmal schwächer. Wenn ich neben Stefan Raab stehe, fällt viel mehr auf, wie wenig ich ihm ähnele.

Das deutsche Fernsehen wird geflutet von Trash- und Scripted-Reality-Formaten. Ist das gut oder schlecht für Sie?

Eher schlecht, denn wenn sich Leute nicht ernst nehmen, sinkt die Fallhöhe. Es ist schwer, bei Trash noch einen draufzusetzen. Und Scripted Reality kann man meistens kaum bekloppter machen als das Original. Trotzdem verschließen wir uns dem nicht und haben unter anderem eine Parodie von "Berlin Tag & Nacht" im Programm. Generell wünschen wir uns aber eher ernstgemeinte Formate.

Sie knöpfen sich auch ausländische Serien wie "CSI Miami" oder "Two And A Half Men" vor. Gab es da schon mal Reaktionen, etwa, weil Sie jemand im Internet gesehen hat?

Nein, leider haben wir den internationalen Durchbruch noch nicht geschafft. Aber es wäre schön, wenn mal jemand reagieren würde.

Sie beschäftigen sich viel mit dem deutschen Fernsehen. Ist es im internationalen Vergleich schrecklich oder großartig?

Jedenfalls ist das Fernsehen im Ausland nicht viel besser. Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich in Spanien, Italien oder den USA bin. Gutes Fernsehen kostet eben viel Geld. Wir könnten auch bei "Switch Reloaded" bestimmt noch größer auffahren, aber es fehlen dafür Zeit und Geld.

Was sehen Sie privat?

Früher habe ich gern Kochsendungen geguckt. Aber das wurde mir dann irgendwann zu viel. Ich schaue gern Sendungen, in denen Häuser umgestaltet werden. Da frage ich mich dann immer, ob ich es genauso oder anders gemacht hätte.

Sie haben eine professionelle Schauspielausbildung. Fürchten Sie manchmal, dass Ihnen in Zukunft ernsthafte Rollen wegen Ihres Comedy-Erfolgs verwehrt bleiben?

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist es schon schade, dass ich in einer Schublade stecke und nicht im ernsten Fach besetzt werde. Andererseits machen mir komische Rollen auch größeren Spaß.

"Switch Reloaded", ab 27. August immer dienstags, 22.15 Uhr, Pro Sieben

(gev)
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