Smartwatches im Praxistest Der coole Sklave meines Smartphones

Ein kleines Gadget sorgt für große Erwartungen: Die Smartwatch sieht wie eine Uhr aus, kommuniziert aber ständig mit dem Smartphone. Wir haben zwei Geräte getestet. Neben vielen Vorteilen gibt es auch eine große Schwachstelle.

Das können die neuen Smartwatches
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"Ok Google." Ansagen an seine Uhr beginnen bei Ronny Hendrichs immer auf die gleiche Art. Sag mir mal, wie ich von A nach B komme. "Ok Google, stell mal bitte die Stoppuhr auf 10 Minuten." Ronny Hendrichs spricht zu seiner Uhr — und die Moto 360 gehorcht aufs Wort. Die Uhr am Handgelenk zeigt ihm den Weg zur nächsten Bushaltestelle in der fremden Stadt, sie aktiviert den Countdown-Timer und macht noch viele andere Dinge, die man ihr sagt, wenn man den Satz mit "Ok Google" beginnt.

Smartwatches sorgen zurzeit für große Euphorie bei Technikinteressierten — nachdem das vermeintliche Konkurrenzprodukt "Google Glass" seit Monaten immer mehr Kritik erntet. Die Brille mit Internetverbindung sorgt für Empörung, weil sie ganz offensichtlich die Privatsphäre aller derjenigen zu verletzen droht, die ein Träger dieser Brille betrachtet (schließlich hat sie auch eine Videofunktion). Die Uhr am Handgelenk hat nun zwar ebenfalls eine Internetverbindung — aber funktioniert doch ganz anders.

Nachdem bereits einige Anbieter Uhren mit Android-Betriebssystem auf den Markt gebracht haben (in unserem Test verwendeten wir die Motorola Moto 360 und die LG GWatch), hat nun auch Apple eine Smartwatch angekündigt.

Was die Smartwatch kann: E-Mails und Facebook-Benachrichtigungen anzeigen, als Schrittzähler und Navigationsgerät fungieren, Musik vom Smartphone abspielen, die Uhrzeit auf einem Anzeigeblatt als Pizza anzeigen. Was sie nicht kann: Orangensaft pressen und von irgendwelchem Nutzen sein, wenn das Smartphone gerade nicht in Reichweite ist.

Damit die Uhr auch ans Handgelenk passt, haben die Entwickler einen Teil der Technik ausgelagert. Oder anders ausgedrückt: Die Smartwatch funktioniert nur als Verlängerung des eigenen Handys. Sobald die Bluetooth-Verbindung zwischen Telefon und Uhr getrennt wird (beispielsweise, wenn sich beide nicht im gleichen Raum befinden), beginnt je nach Einstellung das Handy zu piepsen und die Uhr versagt den Dienst.

Dass man dank der Uhr nun seltener sein Handy irgendwo vergisst, ist dabei allerdings nur die eine Seite der Medaille. "Ich muss nun auch jeden Tag zwei Geräte aufladen", sagt Phil Ninh. An seinem Handgelenk trug er vier Wochen die neue LG GWatch (180€), bis er eines Morgens lieber wieder zu seiner alten Uhr aus der Analog-Welt griff.

"Die kurze Akku-Laufzeit ist der größte Nachteil der Uhr", sagt Ninh. Dabei war er anfangs von dem neuen Technik-Spielzeug begeistert. Die Uhr sieht cool aus, da man das Ziffernblatt auf hunderte verschiedene Arten darstellen kann. Und sie hilft, über aktuelle Nachrichten den Überblick zu behalten, ohne ständig das Smartphone zücken zu müssen. Aber wenn man dem Versuch erliegt, tatsächlich ständig die Uhr zu nutzen, ist der Akku bereits nach einem halben Tag am Ende. Nutzt man die Uhr weniger, reicht es für einen ganzen Tag. "Das ist mir zu wenig", sagt Ninh.

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Foto: afp, js/pr

Sowohl Ninh als auch Hendrichs haben in den vergangenen Tagen und Wochen ihre Uhren in verschiedenen Test-Szenarios genutzt: Sie surften damit im Internet (aufgrund des kleinen Bildschirms wenig zu empfehlen), sie ließen sich von der Uhr zu Fuß durch fremde Städte navigieren (sehr praktisch!) und nutzten die Uhr als Fernauslöser mit Kamera-Funktion für die Fotokamera des Smartphones (funktioniert einwandfrei).

Die Bilanz: Während Ronny Hendrichs mit seiner Moto 360 rundum zufrieden ist, wartet Phil Ninh auf die nächste Smartwatch-Generation, in der die Technik vielleicht etwas weiter entwickelt ist. Auch wenn die Akku-Leistung der digitalen Uhr noch steigerungsfähig ist, muss Hendrichs nun sein Smartphone seltener aufladen. Schließlich nutzt er ja jetzt meistens nur noch die Uhr, wodurch das Smartphone-Display nun seltener in Betrieb ist. Und Phil Ninh ist froh, dass Smartphone und Uhr nicht mehr ständig ohne seine Kenntnis per Blutooth miteinander kommunizieren. Er hat an seiner analogen Uhr nun wieder neuen Gefallen gefunden.

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