RP Plus Deutschland im Goldrausch

Düsseldorf (RPO). Immer dann, wenn Börsen krachen oder die Inflation droht, flüchten die Anleger in Gold. Das ist eine Grundregel, die sich seit Jahrzehnten beobachten lässt. Auch in der aktuellen Euro-Krise setzen viele auf das Edelmetall. Das Vertrauen ist offenbar unerschütterlich.

Die wichtigsten Antworten zum Handel mit Gold
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Foto: AFP

Der wankende Euro verbreitet Angst. Wer das bestätigen will, muss sich nur den Goldpreis ansehen. Bei jeder noch so kleinen Nachricht, dass Griechenland sein Schuldenproblem nicht lösen kann, steigt der Preis für einen Feinunze. In der vergangenen Woche dann kollidierten zwei negative Nachrichten. Die Sorge um den Euro wurde dadurch verstärkt, dass die finanziellen Probleme der USA immer dramatischer werden.

Am 18. Juli dann übertraf der Goldpreis auch die positivsten Erwartungen: 1600 Dollar kostete eine Feinunze des seltenen Edelmetalls — so viel wie noch nie zuvor. Die Nachfrage ist kaum zu befriedigen. So berichten Sparkassenkunden, dass ihre Hausbanken nur mit den Schultern zucken, wenn sie sie nach Goldmünzen fragen. Keine Gold-Eagle, keine Rubel in Gold, ganze zwanzig Krüger-Rand seien gerade noch im Angebot, bekommen Kunden bei vielen Banken zu hören.

"Es ist die pure Angst, die Anleger zum Kauf von Gold bewegt", sagt ein Börsianer. Die ständigen Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft, schlechte Erfahrungen mit der Anlage in Aktien bei fallenden Börsenkursen und nicht zuletzt die Pleiten von Banken im Jahr 2008 haben die Anleger tief verunsichert. Deshalb sind die heutigen Goldkäufer keine Schmuckkunden, sondern vor allem Investoren.

Kuriose Schwankungen

Doch was macht Gold in Krisenzeiten so attraktiv? Die Anleger glauben, dass Gold einen realen Wert darstellt. Geld, so die Vermutung, können die Notenbank der Welt im Zweifel im Übermaß drucken. Bei einer starken Inflation etwa so viel, dass es nicht einmal mehr das Papier wert ist, auf dem es gedruckt ist. Gold lässt sich, trotz aller Versuche der Alchimisten im Mittelalter, nicht künstlich herstellen. Die Menge Gold ist definitiv begrenzt. Die gesamte bislang auf der Erde geförderte Goldmenge würde gerade mal zwei Olympiaschwimmbecken füllen, so wenig des wertvollen Edelmetalls ist in Umlauf — nur rund 161.000 Tonnen. Diese Knappheit macht Gold so wertvoll. Das ist keine Neuheit. Gold ist seit Menschengedenken ein kostbares Gut.

Der Goldpreis unterliegt dabei kuriosen Schwankungen. "Während der indischen Heiratssaison steigt der Kurs jedes Jahr signifikant", sagt ein Rohstoffanalyst der Commerzbank. Ab Jahresende zögen die Preise bereits an. Anfang April ist die Saison in der Regel zu Ende. 70 Tonnen würden zu dieser Zeit von den Indern pro Monat gekauft. Das entspricht einem Drittel des weltweiten Handelsvolumens. Gold ist dabei für die indischen Bräute nicht bloß Schmuck. "Für die Frauen in Indien ist der Goldschmuck eine Art Versicherung gegen Armut, sollte ihr Mann einmal sterben", erklärt der Analyst.

Dabei hat der Preis von Gold, der traditionell in Dollar gemessen wird, in den vergangenen zehn Jahren eine beispiellose Rekordrallye hingelegt. Betrachtet man den Goldkurs als Chart des vergangenen Jahrzehnts, sieht seine Kurve aus wie die eines startenden Düsenjets. Zwischen den Jahren 2000 und 2005 stieg der Goldkurs zwar, aber nur moderat von 300 auf knapp 450 Dollar. Dann ging der Kurs in den Steigflug über, bereits Anfang 2008 wurde erstmals die damalige Rekordmarke von 1000 Dollar erreicht. Dann erhielt der Goldpreis einen kurzen Dämpfer, doch bereits im Sommer des gleichen Jahres, als die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers die Finanzwelt erschütterte, setzte Gold seinen Höhenflug mit größerer Steigung fort — bis zu jenem Tag vergangener Woche, als die 1600-Dollar-Marke geknackt wurde.

Handfeste Nachteile

Wie es jetzt weitergeht, weiß niemand. Die Optimisten am Markt, die hier Bullen genannt werden, glauben weiter an das Edelmetall. Trotz enorm hoher Preise kaufen sie weiter. Sie zocken auf einen weiteren Anstieg, glauben, dass die Angst der Anleger vor Staatspleiten und Inflation noch lange nicht schwinden wird. "Mit der aktuell sehr volatilen Entwicklung an den Finanzmärkten halten wir ab sofort ein Preisband zwischen 1600 und 1800 Dollar für den Goldpreis für gerechtfertigt. Unter 1600 Dollar halten wir den Goldpreis für dauerhaft unterbewertet", schreibt Goldexperte Martin Siegel in seinem wöchentlichen Bericht.

Doch die Zahl der Skeptiker, an der Börse Bären genannt, wächst. "Nach den dramatischen Anstiegen beim Gold sollte man sich allmählich aus dem Markt verabschieden. Kritische Stimmen verweisen in diesem Zusammenhang gerne auf Spekulanten-Legende George Soros, der einen Großteil seines Goldes verkauft haben soll", schreibt Andreas Hoose, Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, in seinem Blog.

Für Anleger jedenfalls ist Gold derzeit ein sehr spekulatives Investment. Bekommen die USA und die Euroländer die Krise in den Griff, kann die Goldblase platzen und der Kurs drastisch abstürzen. Außerdem sollten Kleinanleger beim Kauf von Gold eines beachten: Das glänzende Metall hat gegenüber anderen Anlageformen handfeste Nachteile. So gibt es weder Zinsen, noch Dividenden, noch irgendwelche anderen Ausschüttungen. Lediglich eine mögliche Kurssteigerung könnte den Goldkäufern Rendite einbringen.

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