Gamescom 2016 Wettstreit der Ballerspiele

Köln · Die große Zeit der Ego-Shooter schien vorbei, doch nun erregen auf der Kölner Videospielemesse Gamescom zwei umsatzstarke Titel die Gemüter.

 "Call of Duty" ist eines der beliebtesten Spiele auf der Gamescom.

"Call of Duty" ist eines der beliebtesten Spiele auf der Gamescom.

Foto: Activision

Die Warteschlangen vor den Toren der Computerspielmesse Gamescom waren am Donnerstag noch länger als in den vorangegangenen Jahren. Grund waren die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen am Einlass. Die Angst vor einem möglichen Anschlag bei dem Publikumsmagneten ist groß. Sicherheitsbedenken nach den Vorfällen von Ansbach, Würzburg und München hielten Tausende Besucher, die erstmals nach der Fachpresse zugelassen waren, aber nicht ab.

Es lockte der Blick auf aufwendig produzierte Titel, deren Budgets dem von Hollywood-Blockbustern gleichkommen. Die Nachfrage macht es möglich: Laut dem Marktforschungsinstitut VuMA spielten hierzulande im vergangenen Jahr 27 Millionen Menschen über 14 Jahre Videospiele, 7,2 Millionen von ihnen mehrmals pro Woche. Und auch wenn der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen erneut vor dem Einfluss von Computerspielen auf die Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen warnte und insbesondere Gewaltdarstellungen in Ego-Shootern kritisierte, ist ausgerechnet das Genre der sogenannten "Killerspiele" nicht totzukriegen.

Das beweist einmal mehr die Gamescom. Besonders beliebte Anlaufpunkte waren die Stände der beiden Shooter-Serien "Battlefield" und "Call of Duty". Electronic Arts, das Spielstudio hinter der "Battlefield"-Reihe, hat im Geschäftsjahr 2015 einen Netto-Umsatz von 4,52 Milliarden Dollar (Netto-Ergebnis 875 Millionen Dollar) erzielt. Activision-Blizzard, das für "Call of Duty" verantwortlich zeichnet, kam auf einen Umsatz von 4,66 Milliarden Dollar (Netto-Ergebnis: 1,01 Milliarden Dollar).

Beide Serien sind ähnlich konzipiert: Der Spieler übernimmt die Rolle eines Soldaten, der sich entweder allein durch eine vorgegebene Geschichte ballert oder online mit Mitspielern Orte auf einer Karte erobern und halten muss. Dafür gibt es Punkte. Das Team, das zuerst eine bestimmte Punktzahl erreicht hat, gewinnt. Für diese Online-Varianten beider Spiele gibt es Ligen, Ranglisten und Turniere mit Preisgeldern in Höhe von mehreren Tausend bis mehr als einer Million Dollar.

Nach Angaben des Computerspiele-Netzwerks VGChartz erreichte allein der im vergangenen Jahr erschienene "Call of Duty"-Teil 23,9 Millionen Spieler. Die Verkaufszahl seit 2003 liegt bei mehr als 250 Millionen Stück, der Umsatz in den vergangenen zwölf Jahren wird auf rund 15 Milliarden Dollar geschätzt. "Battlefield" muss sich mit Platz zwei begnügen: Der 2013 veröffentlichte Teil vier der Serie verkaufte sich weltweit 14 Millionen Mal; für die Reihe verzeichnet VGChartz seit 2002 rund 48 Millionen Stück.

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"Call of Duty" ist von beiden Titeln der leichter zugängliche. Jedes Jahr wirft Activision einen neuen Teil auf den Markt. Diese hohe Frequenz schlägt sich in den Verkaufszahlen nieder. "Battlefield" dagegen veröffentlicht nur alle paar Jahre ein neues, großes Spiel - in diesem Jahr trägt es den Titel "Battlefield 1".

Der Druck ist für beide Reihen groß: Denn ohne Innovation droht bei den Baller-Orgien schnell Langeweile. Dabei gehen die Studios - anders als noch vor ein paar Jahren - unterschiedliche Wege: Beide setzten anfangs beim Setting zunächst auf den Zweiten Weltkrieg, später auf hyperrealistische Schlachten der Gegenwart. Mit dem neuen "Battlefield 1" wagt sich Electronic Arts nun an den Ersten Weltkrieg heran - eine Epoche, die von Programmierern bislang gemieden wurde. Nach den ersten Online-Präsentationen war der Zuspruch der Fans gewaltig. "Battlefield 1" wurde als innovativ gefeiert: 44 Millionen Mal wurde das erste Video bei Youtube angeklickt.

Die Macher von "Call of Duty" haben sich bei ihrem Szenario dagegen Schritt für Schritt einer futuristischeren Welt angenähert. Der neue Teil "Infinite Warfare" ("Unbegrenzte Kriegsführung") ist nicht nur in der Zukunft angesiedelt, Schauplatz ist auch der Weltraum. Anders als beim Konkurrenten fielen die Reaktionen verhalten aus: Der Reihe wurde einmal mehr Ideenlosigkeit unterstellt, weil "Infinite Warfare" wie ein Aufguss seines Vorgängers wirkt. Dieser Vorwurf kommt allerdings regelmäßig, trotzdem führt "Call of Duty" immer wieder die Verkaufscharts an. 2016 scheint indes etwas anders zu sein: Der neue Trailer wurde bei Youtube "nur" 32 Millionen Mal abgerufen - und erhielt erschütternde 3,2 Millionen Negativ-Wertungen.

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Entscheidend indes sind nicht Online-Reaktionen, sondern Vorbestellungen: Nach Angaben von VGChartz liegt "Call of Duty - Infinite Warfare" in den USA bei Spielekonsolen deutlich vor "Battlefield 1" (138.000 gegen 88.000). In Deutschland sieht es beim Versandhändler Amazon, gemessen an Verkaufsrängen, dagegen umgekehrt aus.

(jov)
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