US-Forderung nach iPhone-"Hintertür" Apples lohnenswerter Kampf um Privatsphäre

Meinung | Düsseldorf · Die US-Regierung gegen Apple: So öffentlich hat ein Technologie-Riese noch nie eine Regierung an den Pranger gestellt, um die Privatsphäre von Nutzern zu schützen. Apple-Chef Tim Cook will eine Hintertür in die iPhones von Millionen Nutzern um jeden Preis verhindern. Ein lohnenswerter Kampf.

 Für Apple-Chef Tim Cook kommt der Streit mit der US-Regierung nicht ungelegen.

Für Apple-Chef Tim Cook kommt der Streit mit der US-Regierung nicht ungelegen.

Foto: ap

Was ein US-Gericht von Apple fordert ist schnell erklärt: Der Konzern soll in das mobile Betriebssystems iOS für iPhones und iPads spezielle Funktionen für die US-Bundespolizei FBI einbauen. Diese sollen es den Ermittlern ermöglichen, das Passwort von Geräten zu knacken. Vor allem soll verhindert werden, dass ein iPhone automatisch selbst alle Daten löscht, wenn zehn Mal ein falsches Passwort eingegeben wird.

Das klingt zunächst einleuchtend, schließlich geht es im konkreten Fall um die Aufklärung einer schweren Straftat, dem Attentat von San Bernardino mit 14 Toten. Doch Apple wehrt sich mit einem offenen Brief gegen die Forderung der US-Behörden - und hat damit sehr Recht. Denn öffnet Apple einmal das Tor für die Ermittler, werden neue Begehrlichkeiten folgen. Das automatische Auslesen von Millionen Kundendaten für die Verhinderung von Straftaten könnte die Folge sein, von Missbrauch durch Kriminelle ganz zu schweigen.

Der Streit zwischen Apple und den USA erinnert an die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und Europa. Im Zentrum steht auch hier die Frage nach der Verhältnismäßigkeit: Sollten Telefonprovider ohne konkreten Verdacht Verbindungsdaten speichern müssen, für den Fall, dass einige wenige von Millionen Nutzern auffällig und verdächtig werden? Müssen wir diesen Kompromiss eingehen, für den Schutz vor Terror, oder geht dieser Generalverdacht zu weit?

Ähnlich sehen die Fronten im Streit um die Hintertür für Apples Betriebssystem aus: Sollten Behörden generell die Möglichkeit haben, jedes iPhone der Welt ohne weitere Hilfe von Apple knacken zu können, für den Fall, dass einige wenige der Millionen Nutzer einen Terroranschlag verüben? Ist das ein angemessener Kompromiss zugunsten unserer Sicherheit - oder ist dieser Generalschlüssel ein zu gefährliches Werkzeug?

Apple-Chef Tim Cook betont in seinem offenen Brief, dass er die Intentionen des FBI für gut halte, die Auswirkungen jedoch als nicht kontrollierbar ansieht: "In den falschen Händen hätte diese Software das Potenzial, jedes iPhone zu entsperren, das jemand in seine Gewalt gebracht hat", schreibt er. Ist die Software einmal in der Welt, lässt sie sich - was keine Überraschung ist - nicht mehr einfangen. Selbst wer also trotz Geheimdienstenthüllungen glaubt, die Behörden handelten lediglich im besten Interesse der Bürger, sollte angesichts der US-Forderungen an Apple skeptisch werden.

Der Streit jetzt ist einer der wenigen Fälle, in denen wir Nutzer eine solche Auseinandersetzung mitbekommen, häufig dürften derlei Gespräche zwischen Herstellern und Regierungen hinter verschlossenen Türen und nur unter Verschwiegenheitsauflagen stattfinden.

Zugegeben: Insgeheim dürfte sich Tim Cook auch etwas freuen über den offenen Streit, den er jetzt vom Zaun bricht. Zuletzt gab es eher schlechte Prognosen um den iPhone-Hersteller. Für das laufende Vierteljahr rechnet Apple mit dem ersten Umsatzrückgang seit mehr als einem Jahrzehnt. Nachrichten, die den Konzern wieder in ein positives Licht rücken, kann Cook also gut gebrauchen. Und solche Nachrichten, die das in den letzten Monaten immer wieder von Apple beschworene Image stärken, der Konzern schütze die Daten seiner Nutzer mehr als etwa Firmen wie Google, dürften dem Chef des iPhone-Herstellers erst recht zupasskommen.

Jetzt kämpft Tim Cook also auch ganz öffentlich gegen die Weltmacht USA um die Privatsphäre der Nutzer. Millionen sollten ihm die Daumen drücken.

(hebu)
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