Abmahnwelle im Fall RedTube Gericht mit falscher eidesstattlicher Erklärung getäuscht?

Düsseldorf · Spektakuläre Wende im Fall RedTube? Offenbar ist das Landgericht Köln durch eine falsche eidesstattliche Versicherung getäuscht und so zur Herausgabe der Nutzerdaten gezwungen worden. Im Fokus steht ein IT-Experte.

Richtig mit Abmahnungen umgehen
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Foto: dpa, Boris Roessler

Am Donnerstag hat die Staatsanwaltschaft Köln bekannt gegeben, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet hat. Es gehe darum, ob jemand gegenüber dem Landgericht Köln falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben habe, um an Nutzerdaten heranzukommen.

Worum geht es im Fall RedTube? Zehntausende Nutzer sind von der Regensburger Kanzlei Urmann + Collegen wegen Urheberrechtsverletzungen abgemahnt worden, weil sie geschützte Videos auf der Streaming-Seite geschaut haben sollen.

Fraglich ist, wie die abmahnende Kanzlei und der Schweizer Rechteinhaber The Archive AG an die Userdaten gekommen sind, um massenhaft Abmahnungsschreiben samt Unterlassungserklärung zu verschicken. Offenbar verdichten sich die Anzeich, wonach der IT-Spezialist Andreas R. in den Fokus der Ermittlungen rückt. Er hatte laut Focus Online dem Landgericht Köln eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wonach er versicherte, dass die Abmahner mit Hilfe der Software "Gladii" die IP-Adressen ermittelt haben.

R. erklärte dem Landgericht Köln schriftlich: "Mit dem Einsatz der Software ist es möglich, die Teilnahme von Nutzern sogenannter Download-Portale für Filme im Internet zu erfassen, soweit solche Portale ohne Zustimmung der Rechteinhaber geschützte Filmdateien zum Herunterladen anbieten und damit Rechte ohne Zustimmung der Filmhersteller bzw. deren Lizenznehmer verletzen."

Das Problem: Offenbar verwechselte R. bei RedTube etwas. Denn diese ist kein Download- sondern Streaming-Portal, auf dem Nutzer Videos nicht permanent auf ihrem Rechner speichern und damit eine Urheberrechtsverletzung begangen haben könnten. Sie sichern sich die Daten nur für wenige Sekunden. Und das ist Rechtsexperten zufolge nach Paragraf 44a des deutschen Urheberrechtsgesetzes legal.

Die abmahnende Partei legte diese eidesstattliche Versicherung R.s dem Landgericht Köln vor, und dieses erzwang schließlich die Herausgabe der Nutzerdaten. Offenbar aber erhielt das Gericht damit falsche Informationen, denn RedTube ist kein Dowload-Portal. Und R. erwähnte dies in seiner Erklärung nicht.

Interessant ist auch die Firma, für die R. offenbar arbeitet: itGuards mit Sitz in den USA. Sowohl itGuards als auch der Internetauftritt von The Archive AG mit demselben Wordpress-ähnlichen Werkzeug entstanden sind und auf den selben Servern läuft.

Von der Abmahnungswelle sind in Deutschland mehrere zehntausend Internetnutzer betroffen. Sie waren belangt worden, weil sie angeblich urheberrechtlich geschützte Sexfilme auf der amerikanischen Website Redtube.com abgerufen hatten. Die Regensburger Anwaltskanzlei forderte sie auf, 250 Euro zu bezahlen und schriftlich zu versichern, das Vergehen nicht noch einmal zu begehen.

(nbe)
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