Zehntausende demonstrieren "ACTA aktiviert Abwehrkräfte"

Berlin · Nein zum ACTA-Vertrag: In der ganzen Welt protestieren am Samstag Zehntausende Menschen gegen das umstrittene Abkommen zum Urheberrecht im Internet. Kritiker fürchten um die Freiheit ihrer Rechte im Internet. Auch in mehreren NRW-Städten wird demonstriert.

Protestmärsche gegen ACTA-Abkommen
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Protestmärsche gegen ACTA-Abkommen

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In mehreren Städten Nordrhein-Westfalens demonstrieren Internetnutzer am Samstag gegen das umstrittene ACTA-Abkommen zum internationalen Urheberrecht. Als erstes setzte sich am Vormittag in Köln ein Protestzug mit 2000 ACTA-Gegnern in Bewegung, hieß es bei der Polizei. Auch in Düsseldorf, Aachen, Dortmund, Münster, Bielefeld, Duisburg, Bonn und Minden erwartet die Polizei bis zum Nachmittag Tausende Demonstranten.

In Berlin sind nach Veranstalterangaben mehr als 10.000 Menschen für mehr Freiheit im Internet auf die Straße gegangen. Die Polizei sprach dagegen von 6000 Teilnehmern. Unter den Demonstranten war auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele.

Auch auf der Microblogging-Plattform Twitter sind die ACTA-Proteste eines der Top-Themen des Tages. Die Nutzer feiern den Erfolg der Aktion. Demo-Teilnehmer tauschen sich bereits über ihre Erlebnisse aus. Ein Nutzer erzählt von der Veranstaltung in Bremen: "auf der demo in bremen gesehen: "acta aktiviert abwehrkräfte !" - der spruch gefällt mir irgendwie!"

16.000 Demonstranten in München

Nach Polizeiangaben versammelten sich alleine in München 16.000 Demonstranten. "Es war eine erfolgreiche, friedliche und laute Demonstration. Die hohe Zahl der Teilnehmer zeigt, dass das Thema wichtig ist", sagte Veranstalter der Münchner Demonstration, Roland Jungnickel.

"Die wichtigste Kritik ist, dass das Abkommen undemokratisch und in Hinterzimmern entstanden ist", sagte der Grünen-Politiker Matthias Strobel aus Augsburg, wo seinen Angaben zufolge ebenfalls etwa 2000 Menschen gegen ACTA auf die Straße gingen.In Dortmund sprachen Teilnehmer von mindestens 2500 Demonstranten. Die Umzüge seien friedlich verlaufen.

Der ACTA-Vertrag regelt unter anderem die "Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld". Kritiker sehen in ihm eine Einschränkung von Freiheitsrechten im Internet. Das Abkommen, das zwischen der EU, den USA und neun weiteren Ländern das Vorgehen gegen Produktpiraterie vereinheitlichen soll, gefährdet aus Sicht der Kritiker zudem den Datenschutz.

Deutschland will den Vertrag vorerst nicht unterzeichnen. Überrascht über den Rückzieher der Bundesregierung äußerte sich der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary. Er sprach sich am Samstag im Deutschlandradio Kultur dafür aus, das Abkommen in einem offenen parlamentarischen Verfahren zu prüfen. Caspary fügte allerdings hinzu, er könne in dem Text Einschränkungen der Internet- oder Meinungsfreiheit nicht erkennen, nachdem die EU-Kommission kritische Formulierungen "herausverhandelt" habe.

Für das Abkommen warb der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). ACTA leiste einen wichtigen Beitrag zum Schutz deutscher Innovationen im internationalen Handel, erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber. "Hauptziel ist es, die gewerbliche Produkt- und Markenpiraterie in der Breite zu bekämpfen, nicht illegale Musikdownloads zu verfolgen", sagte er weiter.

Allerdings hatte es zuvor auch skeptische Stimmen aus der Internetwirtschaft gegeben. Kritiker befürchten etwa anlasslose Überprüfungen von Laptops oder MP3-Playern durch Zollbehörden. Auch wird argumentiert, das weitgehend hinter verschlossenen Türen ausgehandelte ACTA-Abkommen könnte aufgrund unklarer Formulierungen weiteren Rechtsverschärfungen den Weg ebnen.

Zu dem Protestzug hatten mehr als 50 Organisationen aufgerufen, darunter die Piratenpartei und Teile der "Occupy"-Bewegung. Weltweit rechnete der internationale Koordinator der Kampagne "Stopp ACTA", Sebastian Radtke, mit 150.000 bis 200.000 Protest-Teilnehmern.

Proteste in Bulgarien

Auch in Bulgarien haben Hunderte Internetnutzer gegen das Abkommen protestiert. Sie befürchten, dass die neue Regelung zur "totalen Überwachung im Internet" missbraucht werden könnte. Trotz eisiger Kälte versammelten sich vor dem Parlament in Sofia rund 300 Demonstranten. Einige von ihnen trugen Masken, um anonym zu bleiben. Ähnliche Aktionen wurden nach Angaben der Veranstalter in insgesamt 15 Städten des EU-Landes organisiert, darunter Warna und Burgas am Schwarzen Meer.

Bulgarien hat das umstrittene Abkommen bereits unterzeichnet. Doch das Parlament könnte das Dokument unter Umständen nicht ratifizieren, räumte Wirtschaftsminister Trajtscho Trajkow ein. Die Proteste gegen ACTA wurden in Bulgarien vom Chef der oppositionellen Sozialisten, Sergej Stanischew, unterstützt, der derweil auch Vorsitzender der EU-Sozialdemokraten und Sozialisten (PES) ist. ACTA könnte zu einer "Gesellschaft mit Big Brother führen", warnte er.

(APD/dpa/AFP)
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