Google Inbox Die Suche nach der E-Mail von morgen

Düsseldorf · Google will mit der App "Inbox" die E-Mail neu erfinden und aus der lästigen Flut im elektronischen Postkasten eine wohlgeordnete Aufgaben-Liste machen. Doch andere Anbieter wie Dropbox sind schon viel weiter.

 So sieht die neue Google-App "Inbox" aus.

So sieht die neue Google-App "Inbox" aus.

Foto: Google Inbox

Jeder Deutsche bekommt am Tag im Schnitt 20 E-Mails. Für viele ist das ein beneidenswert niedriger Wert: Sie bekommen hunderte Mails am Tag und haben den Kampf gegen einen aufgeräumten Posteingang längst aufgegeben. Während anfänglich die E-Mail den Austausch im Büro unterstützte, ist sie dank Tablets und Smartphones omnipräsent. Jan Oetjen, Chef der E-Mail-Anbieter GMX und web.de, ist überzeugt: "Der tägliche Besuch des Briefträgers wird in den meisten Ländern spätestens in zehn Jahren der Vergangenheit angehören."

Allerdings steht dem die unübersichtliche Flut elektronischer Post im Wege. Nun verspricht Google Abhilfe mit seinem neuen Mail-Dienst "Inbox", der für den Nutzer arbeiten soll, und nicht wie bisher umgekehrt. Seit einigen Tagen lädt der Internet-Konzern ausgewählte Nutzer ein, die neue Smartphone-App zu testen.

Alternative Ansicht zu GMAIL

Zunächst ist "Inbox" eine alternative Ansicht von Gmail, dem E-Mail-System von Google, welches mit dem Start im Jahr 2004 das System E-Mail bereits einmal revolutionieren konnte. Die E-Mails werden in "Inbox" automatisch gruppiert. Einkäufe, Sonderangebote, Reiseunterlagen oder eigene Sparten werden den Nutzern geboten. Um Zeit zu sparen, braucht er bestimmte E-Mails gar nicht mehr öffnen. Bei der Bestellbestätigung zieht Gmail automatisch die Paketnummer und liefert einen Link zu den Echtzeitdaten des Zustellers. Bei Flugtickets wird direkt der Link zum Check-in angezeigt, ergänzt um Echtzeitinformationen des Abflug-Gates.

Viele nutzen ihre E-Mails als "To-do"-Liste. E-Mails werden in der "Inbox" deswegen nicht gelöscht oder wie bisher archiviert, sondern als erledigt abgelegt. Eigene Aufgaben können hinterlegt werden, die automatisch um typische Google-Informationen ergänzt werden. Wer sich erinnern lässt, einen Tisch in einem Restaurant zu reservieren, bekommt gleich die passende Telefonnummer und die Öffnungszeiten ergänzt. In "Inbox" verschmelzen somit Gmail und der Assistent "Google Now". E-Mails sollen viel schneller bearbeitet werden, da sie mit einem Wisch abgelegt, beantwortet oder für einen Tag oder eine Woche auf Wiedervorlage gelegt werden können.

13 Stunden E-Mails beantworten pro Woche

30 Jahre nach dem in Deutschland die erste E-Mail eingetroffen ist, trifft Google damit einen Zeitgeist. Der Zustand des Posteingangs drückt für viele den Stress des Arbeitsalltags und des Privatlebens aus. Zahlreiche Erhebungen unterstreichen dieses omnipräsente Unwohlsein. 650 Milliarden US-Dollar verliert pro Jahr die Geschäftswelt, weil unnötige E-Mails verschickt werden. Im Schnitt werden 37 Prozent der Arbeitswoche mit dem Checken der E-Mails verbracht.

Google ist aber nicht alleine auf der Suche nach der E-Mail von morgen. Als im Frühjahr 2013 die App "Mailbox" in den Test ging, haben sich 380.000 Nutzer auf die digitale Warteliste setzen lassen. Mit einer Gestensteuerung lassen sich E-Mails in Windeseile bearbeiten: Archivieren, löschen oder für später markieren. Die Nutzer schätzen es, nur die E-Mails vor sich zu haben, die in dem Moment wichtig waren. Der Cloud-Dienst Dropbox erkannte das Potenzial und übernahm die App. Inzwischen gibt es sie nicht nur für das iPhone, sondern auch für Android oder den Mac.

Kritik kommt von US-Tech-Autor Mike Elgan. Das Prinzip, dass Nachrichten eins zu eins durchgestellt werden, habe ausgedient. Die Filterkontrolle übernimmt der Konzern, so Elgan: "Algorithmen sind Googles Geschäftsgrundlage", schreibt der Autor. "Die Nutzerhandlungen werden zu Signalen, die dazu dienen, die Online-Umgebung zu optimieren, ergänzt mit der passenden Werbung."

(dafi)
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