Elektronische Geldbörse Einzelhändler wollen Kunden per Handy bezahlen lassen

Berlin · Das Portemonnaie bleibt zu, die Kreditkarte stecken. Für große Einzelhändler wie Tesco aus Großbritannien und Auchan aus Frankreich ist dies kein Schreckensszenario, sondern ein Wunschbild für die Zukunft. Denn die beiden Supermarktketten setzen darauf, dass immer mehr Kunden ihren Einkauf dank spezieller "Apps" mit ihrem Handy bezahlen.

Elektronische Geldbörse: Einzelhändler wollen Kunden per Handy bezahlen lassen
Foto: dpa, Google

Das ist für die Konzerne attraktiv, weil sie so die beim Einsatz von Karten fälligen Gebühren sparen und die Vorlieben ihrer Klientel noch besser verfolgen können. Auch können sie ihre Kunden fester an sich binden: Wer mit seinem Smartphone und der Supermarkt-App bezahlt, erhält manche Waren günstiger und bekommt automatisch virtuelle Treue-Punkte gutgeschrieben.

Das Geschäft mit solchen elektronischen Geldbörsen - also den entsprechenden Mini-Programmen fürs Handy - wächst rasant und ist zugleich auch schon hart umkämpft. Schließlich drängen die Einzelhändler in einen Markt, auf dem sich längst Banken, Kreditkartenfirmen wie Visa oder MasterCard sowie Technologie-Riesen wie Google und Apple tummeln. Sie alle hoffen, dass ihre Systeme zum Branchenstandard werden. Die eBay -Tochter PayPal arbeitet ebenfalls an Möglichkeiten, die Stellung im Internet-Handel als Sprungbrett für Geschäfte mit E-Geldbörsen zu nutzen.

Forscher: 2017 zahlen 450 Millionen Menschen mit dem Handy

Im Jahr 2017 dürften laut dem Forschungsinstitut Gartner weltweit mehr als 450 Millionen Kunden fürs Bezahlen zum Handy greifen. Die Analysten der Großbank Morgan Stanley sehen die Einzelhändler als Hauptgewinner dieses Trends. Nach ihren Schätzungen gaben Händler allein in den Industrienationen im Jahr 2012 bis zu 150 Milliarden Dollar an Gebühren dafür aus, dass ihre Kunden Karten von Firmen wie MasterCard und Visa zückten.
"Unser Ziel ist es, Kosten zu minimieren", sagt Arnaud Crouzet, der bei Auchan für Bezahlsysteme verantwortlich ist.

Europas fünftgrößter Einzelhandelskonzern brachte sein eigenes System im vergangenen Jahr an den Start. Die Franzosen locken die Kunden nicht nur mit virtuellen Gutscheinen und Treue-Rabatten, sondern auch mit gespeicherten Einkaufszetteln.Noch in den Startlöchern ist die Kette Tesco, die ihre Kunden schließlich aber auch per Handy durch die Supermärkte lotsen und Artikel samt Preisen selbst einscannen lassen will.

Die Briten gehörten schon zu den Pionieren bei den inzwischen weit verbreiteten Kundenkarten, mit denen nicht zuletzt das Kaufverhalten für gezielte Werbung ausgewertet werden kann. Doch nicht alle sind so schnell dabei wie die weltweite Nummer drei der Branche. So erklärt Carrefour - nach Wal-Mart die Nummer zwei - es brauche noch Zeit, bis die Kunden von der schönen neuen Bezahlwelt überzeugt werden können.

Auch in Deutschland werden neue Anwendungen getestet

Von Datenschutz-Sorgen abgesehen könnte es die App vom Supermarkt um die Ecke auch deshalb schwer haben, weil die Verbraucher nicht für jeden Laden ein eigenes Mini-Programm auf ihrem Handy haben wollen. Aus diesem Grund haben in den USA Dutzende Branchengrößen wie Wal-Mart, Target und BestBuy eine Allianz geschmiedet, um eine bei allen Teilnehmern funktionierende E-Geldbörse unter die Kundschaft zu bringen. Der Starttermin ist aber noch offen.

Ebenfalls universell einsetzbar ist in Deutschland der Bezahldienst Yapital, den der Versandhauskonzern Otto unlängst ins Rennen geschickt hat. In Tausenden Läden können Kunden bereits über Yapital bezahlen, so auch bei den weit verbreiteten Rewe-Filialen. Rewe selbst bietet den Kunden eine "Payback-App" an, die ihnen zusätzliche Treuepunkte über eine spezielle Karte hinaus in Aussicht stellt.

Yapital will die Zahl seiner aktiven Nutzer in den kommmenden zwölf bis 15 Monaten von derzeit ein paar Tausend auf mehrere Hunderttausend steigern. Yapital-Manager Nils Winkler sieht die Apps der Einzelhändler vorne. Sie hätten gute Startvoraussetzungen, schließlich habe auch PayPal vom Erfolg des Online-Händlers eBay profitiert.

(REU)
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