Beliebte Symbole in Chats Wenn Emojis für Verwirrung statt Verständnis sorgen

Berlin · Kaum eine Nachricht ohne lachendes Gesicht oder gereckten Daumen: 1800 verschiedene Emojis - zum Beispiel Symbole oder Gesichter - sollen dabei helfen, digitale Nachrichten verständlich zu machen. Doch manchmal bewirken sie auch genau das Gegenteil, führen sogar zu Missverständnissen.

 Je nach Plattform sehen Emojis ganz unterschiedlich aus.

Je nach Plattform sehen Emojis ganz unterschiedlich aus.

Foto: dpa, tsn

Ist das nun ein breit grinsendes, zufriedenes Gesicht - oder eine zähnefletschende Grimasse? Das Emoji mit der Bezeichnung "grinsendes Gesicht mit lächelnden Augen" verwirrt viele Nutzer, denn auf iPhones sieht es ganz anders aus als auf vielen anderen Smartphones - und soll doch eigentlich das gleiche sein. Emojis: Die kleinen, bunten Symbole haben massenweise den Eingang in die alltägliche Kommunikation gefunden, aber führen häufig zu Missverständnissen. Brauchen wir den Einheits-Look?

Die Erwartung in der Kommunikation sei, dass eine Botschaft so ankomme, wie man sie verschicke, sagt Medienpsychologin Sabrina Eimler, Professorin an der Hochschule Ruhr-West. "Wenn die Symbole dann unterschiedlich aussehen, ist das ein Problem. Da führt die technische Infrastruktur zu Fallstricken." Und die Rolle der Symbole ist nicht zu vernachlässigen. "Man achtet sehr stark auf nonverbale Kommunikation - und am Bildschirm fallen Emojis darunter."

Stolze 1800 Stück dieser Symbole gibt es - auf Instagram fand sich vergangenes Jahr in fast der Hälfte aller Texte ein Emoji, bei Facebooks Messenger in jeder zehnten mobil gesendeten Nachricht.

Aber Missverständnisse gibt es häufig. Forscher der Universität von Minnesota ließen kürzlich 300 Probanden eine Reihe von beliebten, menschlichen Emojis interpretieren. Die Uneinigkeit war groß, und zwar auch, wenn es um ein und dasselbe Emoji einer bestimmten Plattform ging. Noch größer war die Verwirrung, wenn dann die verschiedenen Darstellungen dazukamen.

"Ich habe die neue iOS-Plattform heruntergeladen und ein paar nette Gesichter verschickt, und auf dem Handy meiner Frau kamen sie als Außerirdische an", kommentierte ein Versuchsteilnehmer. "Die Jüngeren sind da eher sensibilisiert", sagt Eimler. "Wenn da etwas irgendwie nicht passt, fragt man eher mal nach."

Die Empfehlung der US-amerikanischen Forscher, damit das nicht nötig ist: standardisierte Emojis. Tatsächlich gibt es eine Organisation, die sich um Standards kümmert. Das Unicode-Konsortium sorgt dafür, dass sich Computer gegenseitig verstehen, es erstellt Richtlinien für den Text in jeder modernen Software. So will Unicode sicherstellen, dass ein verschicktes A auch als A beim Empfänger dargestellt wird - egal, welches Gerät er verwendet oder in welchem Land er ist.

Auch Emojis fallen unter die Regelungen. Lach-Smiley bleibt Lach-Smiley, Schwein bleibt Schwein, Feuerwerk bleibt Feuerwerk. Allerdings funtkioniert dies teils nur grob. Denn wie "auf dem Boden rollend vor Lachen" in einem Programm von Samsung oder Facebook tatsächlich aussieht, entscheiden die Firmen selbst. Das Konsortium liefert nur die Beschreibungen und ein Beispiel für das Aussehen. So kommen die verschiedenen Stile zustande: Apples Design ist glänzend und schattiert, Googles matt und mit einheitlichen Farben.

Grundlage für die Emojis, die wir heute verwenden, sind die Emoticons. Erfunden wurden sie vom Informatiker Scott Fahlman im Jahr 1982. Er erfand das Smiley :-), weitere Emoticons wie ;-) und :-P folgten. Diese Zeichenkombinationen sehen fast überall gleich aus und ihre Bedeutung ist damit meist klar.

Die Erweiterung auf Emoji erfolgte Ende der 90er Jahre von Shigetaka Kurita in Japan. Emojis sind nicht nur Gesichter, die Gefühle anzeigen, sondern auch kleine Bilder für Tiere, Pflanzen oder Piktogramme. Den Weg für die weltweite Nutzung bereitete das Unicode-Konsortium erst im Herbst 2010, als es Emojis in seinen Zeichensatz aufnahm.

Eine ständig wachsende Zahl an Emojis und ständig neue Looks auf den Plattformen - gibt es dafür überhaupt Bedarf? "Es kann enttäuschend sein, wenn es etwas, das dir etwas bedeutet, wie eine Sportart, ein Gericht, oder einen Beruf, nicht als Emoji gibt", sagt Jeremy Burge, Betreiber des Online-Nachschlagewerks "Emojipedia". Seit Juni unter anderem neu dabei: niesendes Gesicht, Selfie-Pose, Adler, Radschlag. Burge dokumentiert die Emoji-Interpretationen von knapp 20 Plattformen und gehört mittlerweile selbst dem Unicode-Konsortium an.

Immerhin: "Der Trend geht eindeutig zu einer größeren Ähnlichkeit der Darstellungen", sagt Burge. Android plane etwa, seine "Blob"-Emojis menschlicher zu machen und damit Apple anzugleichen. Aber ganz einheitliche Emojis? "Das würde sicherlich Missverständnisse reduzieren, aber ich bin mir nicht sicher, ob es einen klaren, technischen Weg gibt, das zu erreichen", sagt Burge.

Facebook nimmt die Probleme selbst in die Hand. Im Messenger sehen Emojis nun auf allen Plattformen gleich aus, egal ob auf Android-Smartphone, iPhone oder im Browser. Allerdings schafft ein einheitlicher Look nicht automatisch Verwirrung ab - dazu kommunizierten Menschen zu unterschiedlich, sagt Medienpsychologin Eimler. "Wenn man eine Person nicht gut kennt, weiß man vielleicht nicht: Die ist immer übermäßig fröhlich und benutzt deshalb ständig Tränen lachende Emojis."

Müssen Emojis denn überhaupt eine universelle Sprache sein? Das Unicode-Konsortium winkt ab. "Emojis sind keine wirkliche Sprache. Sie haben keine Grammatik oder Vokabular, so dass sie keine geschriebene Sprache ersetzen können."

(dpa)
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