F8-Entwicklerkonferenz Facebook sucht die große Liebe

San José · Mit dem Datenskandal im Nacken will Facebook das Vertrauen der Nutzer zurückgewinnen. Auf seiner Entwicklerkonferenz F8 kündigt das soziale Netzwerk eine Partnerschafts-Börse an. Bedeutsamer für die Nutzer dürfte aber der Abgang des letzten WhatsApp-Gründers sein.

 Facebook-Chef Mark Zuckerberg spricht auf der Entwicklerkonferenz F8 in San José in Kalifornien.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg spricht auf der Entwicklerkonferenz F8 in San José in Kalifornien.

Foto: ap, MS

Mit dem Datenskandal im Nacken will Facebook das Vertrauen der Nutzer zurückgewinnen. Auf seiner Entwicklerkonferenz F8 kündigt das soziale Netzwerk eine Dating-Börse an. Bedeutsamer für die Nutzer dürfte aber der Abgang eines WhatsApp-Gründers sein.

Mark Zuckerberg überrascht immer wieder mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein. Das zeigte er auch in dieser Woche auf der eigenen Entwicklerkonfernez F8 in der kalifornischen Stadt San José. Der Datenskandal rund um die britische Analysefirma Cambridge Analytica ist noch nicht ganz aufgearbeitet, da hält der Facebook-Gründer den Zeitpunkt für optimal, um ein neues Produkt anzukündigen, das wie kaum ein anderes das Vertrauen der Nutzer benötigt: eine Plattform für Onlinedating.

"Die Funktion soll echte, langfristige Beziehungen ermöglichen - und nicht nur für One-Night-Stands da sein", erklärte Zuckerberg. Die neue Funktion werde innerhalb der normalen App erreichbar, aber vom normalen Profil des Nutzers getrennt sein. Aktiviert der Nutzer sein Dating-Profil, werden Vorname, Profilfoto und andere ausgewählte Informationen angezeigt.

Facebook versucht Nutzer über gemeinsam besuchte Veranstaltungen oder Gruppenmitgliedschaften zusammenzubringen. Wie bei der Dating-App Tinder können die Mitglieder einander Interesse signalisieren und dann einen Chat starten. "Ihre normalen Facebook-Freunde können das Dating-Profil aber nicht sehen, und man bekommt auch nur Menschen vorgeschlagen, mit denen man nicht befreundet ist", stellte Zuckerberg klar. Einen genauen Startpunkt für den Start der Kontaktbörse nannte er noch nicht.

Auf die Märkte hat die Ankündigung Eindruck gemacht: Die Aktie von Match Group, dem Konzern hinter den populären Dating-Apps Tinder und OkCupid, verlor kurzfristig 22 Prozent an Wert. Geschäftsführerin Mandy Gindberg machte in ihrer Reaktion eine direkte Anspielung auf den Cambridge Analytica Datenskandal: "Wir fühlen uns geschmeichelt, dass Facebook in unserer Branche mitmischen möchte", sagte Gindberg in einer Mitteilung. "Uns überrascht aber der gewählte Zeitpunkt, wenn man bedenkt, in welchem Umfang persönliche und sensible Daten zu diesem Geschäftsgebiet dazugehören."

Das Thema Datensicherheit wurde auch auf der F8 groß diskutiert. Zuckerberg versuchte, bei seiner Präsentation nach den vergangenen turbulenten Wochen aus der Defensive zu kommen. Er warnte die gut 5000 Entwickler, Nutzerdaten zu missbrauchen - man wolle energisch dagegen vorgehen. Gleichzeitig kündigte er die Entwicklung eines "Clear History"-Bereichs (engl. für "Verlauf bereinigen") an.

Ähnlich wie Internet-Nutzer den Verlauf im Internet-Browser löschen können, sollen die Nutzer des sozialen Netzwerks in Zukunft von Facebook gesammelte Daten wie "Gefällt mir"-Klicks oder Interaktionen mit anderen Webseiten oder Apps löschen können. Allerdings werde es noch Monate dauern, bis die Funktion umgesetzt sei. Darüber hinaus kündigte Facebook für die USA den Verkaufsstart einer günstigen Virtual-Reality-Datenbrille "Oculus Go” für rund 200 US-Dollar und ein neues übersichtlicheres Design für den Facebook Messenger an.

Überschattet wird die Entwicklerkonferenz von einem prominenten Abgang: WhatsApp-Gründer Jan Koum bestätigte einen Bericht der "Washington Post", das Unternehmen verlassen zu wollen. 2014 wurde der Messenger durch Facebook übernommen, hat aber seitdem weitestgehend seine Eigenständigkeit behalten. Der Grund: Jan Koum ist schon immer ein Verfechter von Werbefreiheit und Privatsphäre gewesen. Unter seiner Federführung hat WhatsApp angefangen, Nachrichten komplett zu verschlüsseln. Nur Sender und Empfänger kennen die Inhalte - nicht einmal WhatsApp hat Zugriff.

Laut des Berichts der "Washington Post" kam es zwischen Koum und dem Facebook-Management zu immer stärkeren Differenzen. Bei seinen Besuchen in Deutschland hatte Koum noch in Aussicht gestellt, dass das Geschäftsmodell des Messengers im Gegensatz zu Facebook nicht auf der Vermarktbarkeit der Nutzerdaten basiere, sondern Firmen künftig dafür bezahlen sollen, dass sie ihre Kunden auf WhatsApp erreichen können.

Für die Nutzer von WhatsApp ist der Abgang von Koum somit kein gutes Signal: Sie können sich darauf einstellen, dass Facebook stärker auf die Daten von WhatsApp zugreifen möchte. Auch fehlt in Koum ein Verfechter der Werbefreiheit. Zwar kündigte Facebook in dieser Woche noch einmal an, neue Funktionen für Unternehmen entwickeln zu wollen, blieb dabei aber vage. Konkret angekündigt wurden nur bunte Sticker und Gruppen-Video-Telefonie. Bis zu vier Nutzer sollen sich künftig zusammenschalten können.

(dafi)
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