Die Zukunft des Web ist da Facebook überholt Google

Düsseldorf (RPO). Das soziale Netzwerk Facebook hat in den USA erstmals mehr Erfolg bei den Internet-Nutzern als Netz-Gigant Google mit seinem Kernangebot. Einer Marktstudie zufolge zählte Facebook in der zweiten März-Woche mehr Besucher. Für die Entwicklung des Internet ein Meilenstein, wie Experten versichern. Es wird mehr denn je von sozialen Netzwerken geprägt sein.

Chancen und Risiken von sozialen Netzwerken
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Foto: ddp

Der Siegeszug von Facebook scheint unaufhaltsam. In den USA - für das Internet traditionell ein Ort, an dem sich frühzeitig Entwicklungen ablesen lassen - ist das soziale Netzwerk, in dem man sich eine virtuelles soziales Netz aufbauen kann nun populärer als Google.

Die Zahlen des US-Marktforschungsunternehmens Hitwise belegen es: In der Woche bis zum 13. März sammelte Facebook 7,07 Prozent aller Besuche von Einzelnutzern, so genannte Visits. Google hingegen kommt auf nur 7,03 Prozent.

Bisher hatte Facebook nur in einzelnen Werten dominiert: Nummer eins am Heiligabend, Nummer am Neujahrstag, Nummer eins am ersten März-Wochenende. Nun aber ist es endgültig ein Dammbruch: Über einen längerfristigen Zeitraum lag das Werk von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bisher noch nie vorne.

"Ein Meilenstein", sagt Hendrik Speck, Professor für interaktive Medien an der Fachhochschule Kaiserslautern. Für ihn ist es ein Zeichen für den gesellschaftlichen Wandel, der sich derzeit im Internet abspielt, weg von der klassischen Berichterstattung mit passiven Nutzern hin zum direkten Austausch untereinander.

Wachstumsraten wie in China

Die Facebook-Rekorde aus dem März sind nur eine Momentaufnahme aus einem rasanten Wachstumsverlauf. Im Vergleich zur zweiten Märzwoche 2009 stiegen die Nutzerzahlen laut Hitwise um sage und schreibe 185 Prozent. Zum Vergleich: Google verbucht in diesem Zeitraum lediglich ein Besucher-Plus von 9 Prozent.

400 Millionen Nutzer sollen es nach Angaben des Unternehmens inzwischen weltweit sein, die das Angebot von Facebook inzwischen mindestens einmal im Monat nutzen. Die letzten 100 Millionen sammelte das Web-Angebot in gerade einmal fünf Monaten. Auch hier hilft ein Vergleich, die Dimensionen zu verdeutlichen: Der Kurznachrichtendienst Twitter zählte zum Jahreswechsel Schätzungen zufolge etwa 18 Millionen Nutzer weltweit.

Ein steiler Aufstieg

Alles in allem sind es Wachstumsraten, von denen Google nur noch träumen kann. Wer sich auf der Website der Marktforscher von Hitwise die Entwicklung der vergangenen Monate in einer Grafik anschaut, sieht eine mehr oder minder stagnierende orange Linie (Google) und eine im 45-Gradwinkel aufstrebende blaue für Facebook.

Die Zahlen, die Ablösung Googles vom Internet-Thron nahe legen, stammen nur aus den USA. Doch zeigt auch ein Blick nach Deutschland einen unverkennbaren Trend: Wenn etwas immer größer wird im Netz, dann sind es soziale Netzwerke. Im Januar waren es bei Facebook 1 Million, im Februar 900.000 neue aktive User. Die meisten sind übrigens typischerweise Frauen und zwischen 13 und 24 Jahre alt, wie das Unternehmen in seinem Blog schreibt.

Bis Facebook hierzulande denselben Stellenwert haben wird wie in den USA, wird es aber noch dauern, weiß Internet-Experte Speck: "Noch regieren in Deutschland die Platzhirsche wie StudiVZ, SchuelerVZ oder Wer-kennt-wen.de." Zudem hinken die Deutschen der Entwicklung hinterher, weil sie deutlich mehr als die Amerikaner noch den traditionellen Medien vertrauen, so Speck. Bis die Deutschen das US-Niveau erreichen, wird es noch dauern, sagt Speck: "Maximal fünf Jahre, wahrscheinlich weniger", so seine Prognose.

Börsengang steht in den Sternen

Wann das globale Facebook-Wachstum seine Grenzen erreicht ist noch nicht absehbar. Mit solchen Zahlen im Portfolio warten auch Wirtschaftskenner geradezu sehnsüchtig auf den Tag, an dem das Unternehmen an die Börse geht. Gründer Mark Zuckerberg (25), der Facebook vor sechs Jahren als 19-Jähriger aus der Taufe hob, hat allerdings keine Eile damit. Facebook arbeitet noch daran, Profite zu erwirtschaften — ganz im Gegensatz zu Google.

Die Chancen, Geld zu machen, liegen in der Werbung. Facebook könnte sie zielgenau an die passende Zielgruppe bringen. Ähnlich wie Google ist auch Facebook Datenschützern wegen der tief reichenden Kenntnisse über seine Nutzer schon lange ein Dorn im Auge. Hinzu sehen sich Zuckerberg und seine Mitstreiter bei der Herausforderung, Werbung zu platzieren vor einer weiteren Herausforderung: Nutzer von sozialen Netzwerken gelten als höchst sensibel und meiden Seiten, auf denen Produktwerbung zu offensichtlich ist.

Dieser Schritt aber wird kommen, davon ist Internet-Professor Speck felsenfest überzeugt. Die Wirtschaft hat ihm zufolge längst erkannt, dass sie dort viel besser, weil zielgerichteter werben kann. Soziale Medien sind der Werbemarkt der Zukunft, weil sie die Konsumenten besser erreicht. Eine Empfehlung eines Freundes zählt bei der Kaufentscheidung fünfmal so viel wie bei normaler Werbung, sagt Speck.

Google hat schon reagiert

Die Vorzeichen für eine Fortsetzung des Siegeszuges sind unterm Strich trotz derartiger Hindernisse blendend. Branchenkenner verweisen in diesem Zusammenhang immer gerne auf die jüngst gefällte Entscheidung der Marketing-Abteilung von Getränkehersteller Pepsi. Die nämlich hatte sich zuletzt dagegen entschiede, Millionen Dollar in Werbung beim amerikanischen Super Bowl zu stecken, dem größten Sportereignis in den USA. Stattdessen soll das Geld für Kampagnen in sozialen Netzwerken investiert werden.

Auch Google hat bereits auf die Zeichen der Zeit reagiert. Im Februar gründete das Unternehmen sein eigenes soziale Netzwerk namens Buzz. Den Konkurrenten Facebook bezeichnete Google damals als strategische Herausforderung.

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