Soziales Netzwerk geht an die Börse Facebook wagt es - die Skepsis bleibt

New York · Lange war er heiß ersehnt worden, nun ist der Moment endlich da: Facebook macht ernst mit dem Börsengang. Mit den veröffentlichten Geschäftszahlen dürfte das Unternehmen vielen Warnern vor einer neuen Internet-Blase den Wind aus den Segeln genommen haben. Doch ganz verstummen die Kritiker nicht.

Chronologie des Facebook-Aufstiegs
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Foto: afp, JUSTIN SULLIVAN

Gründer Mark Zuckerberg und Facebook geben sich bescheiden. Fünf Milliarden Euro wollen sie mit dem Börsengang einsammeln, das ist die Hälfte dessen, was bisher spekuliert wurde. "Wir entwickeln keine Dienste, um Geld zu machen; wir verdienen Geld, um bessere Dienste zu entwickeln", schreibt Zuckerberg in seinem Brief an die Börsianer.

Und Facebook beruhigt mit den ersten Zahlen, die es im Rahmen der Anmeldung auf dem New Yorker Börsenparkett vorlegt. Das Unternehmen macht tatsächlich Gewinn - im vergangenen Jahr lag er bei einer Milliarde Euro. 2007 machte das Unternehmen noch einen Verlust von 138 Millionen Dollar. Dabei lag der Umsatz bei gerade einmal 3,7 Milliarden Euro.

Utopische Unternehmensbewertungen

Das sind Zahlen, die die Anleger beruhigen dürften, denn in den vergangenen Monaten waren teils utopische Zahlen im Zusammenhang mit dem sozialen Netzwerk unterwegs. Als etwa Goldman Sachs im Januar 2011 bei Facebook einstieg, wurde der Unternehmenswert plötzlich mit 50 Milliarden doppelt so hoch bewertet wie zuvor. Und im Juni 2011 gab es noch einen oben drauf. 100 Milliarden Dollar sei das Unternehmen wert, hieß es.

Genau das aber machte viele Börsianer skeptisch. Denn zum damaligen Zeitpunkt war nicht einmal klar, wie viel und ob überhaupt Facebook Gewinn macht. Alles beruhte auf Schätzungen und Spekulationen. Doch der Börsengang wurde heiß herbeigesehnt - wie auch bei allen anderen im Netz erfolgreichen Unternehmen, die aufs Parkett wollten.

Das hat die Kritiker aufhorchen lassen, denn einen solchen rund um das Internet hatte es bereits Ende der 90er Jahre gegeben. Damals hatten irgendwie jeder in nahezu jedes Internetunternehmen investiert. Viele von ihnen hatten aber noch nicht einmal ein vernünftiges Geschäftsmodell, mussten schließlich Insolvenz anmelden - die große Internetblase war geplatzt.

Heute sind die Voraussetzungen andere. Das Internet hat sich fest etabliert und ist zu dem Wachstumsmarkt der vergangenen Jahre geworden. Allerdings ist es auch ein wackeliges und schnelllebiges Geschäft. Facebook verdient, das wurde nun auch veröffentlicht, das meiste Geld wie erwartet mit Werbung. Der Anteil liegt bei 85 Prozent. Brechen aber die Nutzer - es sind nach Unternehmensangaben derzeit 845 Millionen - weg, dann werden auch die Werbekunden irgendwann gehen.

Starke Konkurrenz im schnelllebigen Markt

Beispiele dafür gibt es bereits. Die VZ-Netzwerke etwa mussten einen enormen Mitgliederschwund verbuchen, nachdem der große Facebook-Hype einmal angelaufen war. Und auch Facebook hat inzwischen mit Google+ starke Konkurrenz - zumal die Nutzer des Netzwerkes immer unzufriedener auf die ständigen Neuerungen reagieren. Die zuletzt eingeführte Timeline etwa ist nur ein Beispiel von vielen.

Nicht umsonst dürfte Facebook daher den Wert, den es am Tag X einsammeln möchte, recht niedrig gehalten haben - den die Börsianer ja selbst noch in die Höhe treiben können. Das Unternehmen dürfte genau wissen, dass der große Hype des ersten Tages nicht von Dauer sein kann.

Das bekam etwa LinkedIn zu spüren, die einen fulminaten Start an der Börse hinlegten, teilweise stieg der Wert um über 170 Prozent. Doch das Erwachen kam schnell. Allerdings liegt die Aktie mit gut 72 Dollar noch über dem Ausgabewert von 45 Dollar. weniger Glück hatte der Spielebetreiber Zynga, der vor allem auf Facebook agiert. Den Ausgabewert von zehn Dollar konnte man gleich am ersten Tag nicht halten.

All diese Risiken in einem schnelllebigen Markt muss auch Facebook noch fürchten. Und so hat sich das Unternehmen auch viel Zeit gelassen, bis es den Schritt an die Börse wagen wollte.

Wann es nun genau soweit ist, steht allerdings noch in den Sternen. Experten gehen vom Frühjahr oder Sommer aus. Doch schon jetzt ist abzusehen, dass sich der Wert von Facebook unter den Börsianern bis dahin noch vergrößert.

(das)
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