Blogger-Szene Foodblogs und die Lust am Essen

Düsseldorf · Hannah Schmitz wartet meist auf das richtige Licht und dann setzt sie ein besonders gut gelungenes Mittagessen in Szene: Gnocchi mit Birnenmus zum Beispiel oder Bohnen-Sesam-Salat mit Rotem Reis. Dann arrangiert sie das Essen appetitlich, die passenden Accessoires kommen auf den Tisch. Sie macht ein Foto, schreibt das Rezept auf und veröffentlicht es in ihrem Foodblog "Hannahs Küche".

Zehn delikate Foodblogs
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Foto: HANNA`S KÜCHE

Die 28-Jährige, die eine asiatische Großmutter hat, beschreibt ihren Stil als "Hausmannskost mit asiatischen Einflüssen". Für die Grafikdesignerin, die aus Düsseldorf stammt und mittlerweile mit ihrem Mann und der 21 Monate alten Tochter Ava in Zürich lebt, war ihr Blog zunächst nur wie eine eigene Rezeptsammlung. "Ich schätze daran, dass ich frei bin und machen kann, was ich selber schön finde und was mir selbst schmeckt." Sie hat Spaß daran und ein Talent dafür, das Essen stylish und ansprechend zu inszenieren. Denn ohne gute Food-Fotografie hat ein Blog wenig Chancen, Fans im Internet zu finden. Und so hat sie mittlerweile mehrere Schränke voll mit Holzplatten, Geschirr, Besteck und Tischwäsche, damit ihre Gerichte auch gut rüberkommen. "Und das Essen, das so gut aussieht, wird natürlich von mir nach dem Foto-Shooting auch gegessen."

Die Foodblogs im Internet stehen für die Eroberung der Küche durch Laien. Sind Kochbücher oft von berühmten und begabten Profiköchen verfasst, stehen Foodblogs für Autodidakten und Menschen, die sich leidenschaftlich mit Essen beschäftigen. So ist auch meist die Hemmschwelle für Nachahmer geringer - getreu dem Motto: Was die können, kann ich auch!

Wer einen Einblick bekommen möchte, dem seien einige Foodblogs (siehe unten) empfohlen oder der Blick in das Buch "Aus Liebe zum Kochen - Küchenbesuche bei leidenschaftlichen Foodies" (Callwey-Verlag, 29,95 Euro), für das die beiden Autorinnen 25 Foodblogger besucht haben, ihre Leidenschaft fürs Kochen beschreiben und einige Lieblingsrezepte wiedergeben. Foodblogs sind längst eine ernstzunehmende, eigenständige Gattung. So kürt die Redaktion der Zeitschrift "Brigitte" jedes Jahr den besten Foodblog.

Manche Koch- und Essseiten sind so professionell gemacht, dass auf ihren Seiten Werbung platziert wird. Dann lässt sich sogar Geld verdienen - und das nicht zu knapp: So haben die Macher hinter dem amerikanischen Blog pinchofyum.com, Lindsey und ihr Mann Bjork aus dem US-Bundesstaat Minnesota, im Dezember knapp 20 000 Dollar erwirtschaftet. Für ein Experiment, was frei übersetzt "Die Foodblog-Geldmaschine" heißt, dokumentiert das Paar seine Einnahmen und Ausgaben. Mehr als eine Million Menschen klicken den Foodblog jeden Monat an.

So haben auch Unternehmen die Macht der Blogger erkannt und wollen sich deren Popularität und Ansehen in der Genießer-Gemeinde zu nutze machen. Der Nudelsaucen-Hersteller Bertolli zum Beispiel hat einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen, als er auf Facebook-Seiten der Foodblogger Kommentare hinterließen und Werbung für ihre Produkte machten. Die Blogger wehrten sich auf ihre Weise und zwar mit dem, was sie mit am besten können: mit Rezepten. Sie verlinkten ihre eigenen Kochanleitungen unter einem Facebook-Post von Bertolli. Der gab angesichts der Aktion klein bei und verkündete: "Eure Botschaft ist bei uns angekommen! Es tut uns Leid, und wir werden zukünftig darauf verzichten, unsere Links ungefragt auf euren Seiten und unter euren Beiträgen zu platzieren."

Die meisten der Foodblogger pflegen ihre Seite aber als Hobby und aus der reinen Liebe zum Essen. Und für viele von ihnen erfüllt sich ein großer Traum nur jenseits der virtuellen Welt: das eigene Kochbuch. So wie Nicole Stich, die mit ihrem Blog "Delicious Days" begann und nun schon ihr drittes Kochbuch veröffentlicht hat. "Ein Kochbuch ist auch ein Traum von mir", sagt Hannah Schmitz. Sie weiß, dass viele einen Foodblog als Feldversuch dafür sehen, ob ein "richtiges Kochbuch" Erfolg haben könnte. Die 28-Jährige kann an diesen Traum nun einen Haken machen. Zurzeit arbeitet sie an ihrem ersten Buch, im Herbst erscheint es.

Lesen Sie auch unsere Linktipps: Diese fünf Food-Blogs lassen den Magen Knurren.

(RP)
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