Studie "Kinder in der digitalen Welt" Generation Online

Meinung | Berlin · Sie können weder schreiben noch lesen, aber ins Internet gehen. Schon zwölf Prozent der dreijährigen Jungs klettern vom Babybett in die Virtualität, besagt eine neue Studie. Diese Befunde sind völlig normal. Aber Eltern sind gut beraten, wenn sie ihre Kinder auch auf diesem Feld in die richtigen Bahnen lenken.

 Schon Dreijährige sind im Netz aktiv, sagt der Report "Kinder in der digitalen Welt", den das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet in Zusammenarbeit mit dem Sinus-Institut erstellt hat.

Schon Dreijährige sind im Netz aktiv, sagt der Report "Kinder in der digitalen Welt", den das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet in Zusammenarbeit mit dem Sinus-Institut erstellt hat.

Foto: dpa, Christoph Strotmann

Wenn Mami und Papi Zeitung lesen, die große Schwester durch die Modezeitschrift blättert, der ältere Bruder in seinem Comic schmökert, dann ist es nur natürlich, wenn der Dreijährige sich sein Bilderbuch hervorkramt. Aber wenn heute Mami, Papi, Schwester und Bruder auf ihren Laptops, Tablets, Ipads und Iphones hacken, scrollen, wischen, daddeln, warum soll dann der Dreikäsehoch zum Bilderbuch greifen?

Jeder Neugeborene wächst in seine Welt hinein, und wenn die sich verändert hat, wächst er eben anders auf als seine Väter- oder Großvätergeneration in anderen Welten. Also sind die Befunde der Studie über den immer früheren Start ins Digitale völlig normal.

Ja, mehr noch, es ist beruhigend. Für die heute Dreijährigen wird das Berufsleben vom "Internet der Dinge" geprägt sein. Sie sind die Generation Online. Deshalb dürfen, besser: sollen sie auch von Anfang an damit umgehen. So wie die Eltern sie in der analogen Welt vor der Herdplatte und dem Bügeleisen warnen und nach dem ungestümen Spiel zum Pflaster greifen, ist es nun ihr Job, ihre Kinder an einen vorsichtigen Umgang mit dem Internet zu gewöhnen.

Darin liegt aber bereits ein Problem: Viel zu viele Erwachsene und Heranwachsende denken nicht über die Folgen ihres leichtsinnigen Nutzerverhaltens, nicht über die Langzeitwirkung von persönlichen Postings nach. Das kann die Jüngsten, mit ihrem Drang des unüberlegten Ausprobierens in Fallen locken, die generationenübergreifend tückisch werden. Nur ein paar Klicks liegen zwischen bunten Bildern und einem teuren Abo-Vertrag oder anderen Verwicklungen, aus denen man so leicht nicht wieder raus kommt.

Sprachsoftware und andere Lernmöglichkeiten
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Es liegt in der Natur des Menschen, dass Kleinkinder nur am Steuer von Autos sitzen dürfen, die auf dem Karussell in festgelegten Bahnen unterwegs sind. Niemand käme auf den Gedanken, sie mit "richtigen" Autos in den "richtigen" Straßenverkehr zu schicken. Das Internet ist jedoch noch viel schneller, attraktiver, abenteuerlicher und komplizierter als der Straßenverkehr.

Also kann die Devise nur heißen: Niemals unbeaufsichtigt lossurfen lassen. Eltern sind gut beraten, sich nicht nur um das beste Kinderbett, den besten Kinderstuhl und die beste Kita, sondern auch um die beste Software für den Nachwuchs zu kümmern. Da gibt es nämlich schon einiges auf dem Markt, das die Freude am Spielen, Entdecken, Singen, Gestalten in kindgerechte Bahnen lenkt und ungeeignete Inhalte wegfiltert.

Und wenn das Gefühl, sich intensiver um die Tücken des Netzes kümmern zu müssen, um die eigenen Kinder besser davor schützen zu können, letztlich dazu führt, dass die Älteren sich auch besser schützen, dann haben alle etwas davon. Dabei können sich die Älteren schon einmal daran gewöhnen, was sie in den nächsten Jahren erleben werden: Dass ihre Kinder sie schon bald in der Beherrschung neuer Programme und Angebote überholen und sie von ihnen lernen können.

(may-)
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