Internetseiten der KZ-Gedenkstätten umgeleitet Neonazis greifen Buchenwald-Homepage an

Weimar (RPO). Rechtsextreme haben am Mittwoch die Internet-Seite der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora manipuliert und geschändet. Die Onlineauftritte wurden durch Seiten mit rechter Symbolik und Parolen ersetzt. Zudem seien die Seiten mit rechtsradikalen Internetportalen verlinkt gewesen, auf denen der Holocaust geleugnet wird. Die Hackerattacke löste Entsetzen aus.

 Rechtsextreme, wie hier bei einer Demo, haben die Internetseite der KZ-Gedenkstätte Buchenwald manipuliert.

Rechtsextreme, wie hier bei einer Demo, haben die Internetseite der KZ-Gedenkstätte Buchenwald manipuliert.

Foto: AP, AP

Den Angaben zufolge wurden mehrere Fotos und Texte gelöscht. Nicht für alle Dokumente existierten Sicherheitskopien. Auch die Online-Ausgabe des Totenbuchs, das die Namen von rund 38 000 Opfern des Naziregimes umfasst, ist nicht mehr abrufbar.

Den Zugang zum Server der Gedenkstätte hatten sich die Täter über einen Virus verschafft, der vermutlich bereits zu einem früheren Zeitpunkt installiert wurde. Das Internetangebot von "dora.de" wurde komplett gelöscht, "buchenwald.de" konnte inzwischen in weiten Teilen wieder hergestellt werden.

Stiftungsdirektor Volkhard Knigge reagierte entsetzt. Eine solche kriminelle Attacke auf die Gedenkstättenarbeit in Buchenwald sei noch nicht vorgekommen. Durch die Beschädigung von Serviceangeboten und Dokumentationen wie dem Totenbuch hätten der oder die Täter versucht, die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen auszulöschen. Den Angaben zufolge wird der Internetauftritt der Gedenkstätten täglich von mehreren Tausend Menschen aus aller Welt genutzt.

Die Gedenkstätte erstattete Anzeige. Ein Sprecher der Polizei in Jena sagte, die Ermittlungen wegen Computersabotage seien angelaufen. Dazu seien Experten des Landeskriminalamts angefordert worden.

Das Innenministerium vermutet, dass die Täter von außerhalb Thüringens zugeschlagen haben. Die rechtsextreme Szene in Thüringen hat nach Angaben eines Sprechers für so einen Angriff nicht genügend Fähigkeiten. Zudem habe es in anderen Bundesländern ähnliche Vorfälle gegeben, sagte er. "Wir haben den Verdacht, dass es dieselben Täter waren."

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sprach von einem "heimtückischen Angriff auf die Gedenkkultur an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft" und einem "Akt der Menschenverachtung". Der SPD-Abgeordnete Peter Metz sieht in dem Hackerangriff eine "politisch motivierte Kriminalität in neuer neuen, beängstigenden Qualität".

Nach Ansicht der "Mobilen Beratung in Thüringen für Demokratie - gegen Rechtsextremismus" (Mobit) passt die Aktion in das Schema der rechten Propaganda. "Durch die Löschung des Totenbuches sollen die Opfer nach ihrer Ermordung ein weiteres Mal entmenschlicht werden", sagte Mobit-Berater Stefan Heerdegen.

In dem Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar waren zwischen 1937 und 1945 etwa 56 000 Menschen von den Nazis ermordet worden, darunter 11 000 Juden.

(ddp)
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