Digitalkonferenz Republica diskutiert über Meinungsfreiheit im Netz

Berlin · Europas wichtigste Digitalkonferenz schafft es bislang nicht, eine breite Öffentlichkeit zu begeistern.

 Kolumnist Sascha Lobo während seiner Rede auf der Republica: "Das Gegenteil von rechtsextrem ist nicht linksextrem, sondern nicht-extrem."

Kolumnist Sascha Lobo während seiner Rede auf der Republica: "Das Gegenteil von rechtsextrem ist nicht linksextrem, sondern nicht-extrem."

Foto: dpa, ped gfh

Europas wichtigste Digitalkonferenz schafft es bislang nicht, eine breite Öffentlichkeit für wichtige Digitalthemen zu begeistern. Das soll sich in diesem Jahr bei der Republica ändern. Doch ausgerechnet die Bundeswehr grätscht dazwischen.

Sind Seifenblasen das richtige Motiv, um den Zustand der digitalen Gesellschaft zu beschreiben? Ihre Leichtigkeit irritiert angesichts von Datenskandalen und rassistischen Parallelgesellschaften, die derzeit Erfolge im digitalen Raum feiern. Dennoch haben sich die Organisatoren der Digitalkonferenz Republica in diesem Jahr für das Motto "Pop" entschieden, visualisiert durch eben jene schwebenden Seifenblasen.

 Auch TV-Satiriker Jan Böhmermann sprach auf der Republica. Er zeigte sich per Videoschalte auf einer überdimensionierten Leinwand.

Auch TV-Satiriker Jan Böhmermann sprach auf der Republica. Er zeigte sich per Videoschalte auf einer überdimensionierten Leinwand.

Foto: dpa, ped kno

Die Macher wollen Filterblasen zum Platzen bringen und die Digitalisierung populär machen - sie soll Mainstream werden. Seit Mittwoch diskutieren 10.000 Teilnehmer bei den rund 300 Programmpunkten auf 20 Bühnen in Berlin. Der Frauenanteil auf der Bühne liegt bei 48 Prozent. Als Vertreterinnen der Bundesregierung kamen Justizministerin Katarina Barley (SPD) und Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU). In diesem Jahr wandelte sich die Republica noch stärker zur Medienkonferenz. So stellte sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk mehreren Debatten über die eigene Zukunft.

Umstritten war der Auftritt von der durch US-Präsident Barack Obama begnadigten Geheimnisverräterin Chelsea Manning. Die ehemalige US-Soldatin saß sieben Jahre im Gefängnis, weil sie Hunderttausende Dokumente des US-Militärs an die Plattform Wikileaks weitergab. Manning forderte auf der Republica eine stärkere ethische Verantwortung von Programmierern und verglich diese mit Ärzten. Auch Programmierer müssten der Menschheit dienen. Gerade beim Training von Algorithmen im Bereich der Künstlichen Intelligenz sei dies umso wichtiger. Manning adressierte während ihres Auftritts auch den immer ausgeprägteren Rassismus der US-Rechten. Dieser habe nichts mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu tun, sagte sie mit Blick auf das geschickte Vorgehen der Hetzer auf digitalen Plattformen. "Meinungsfreiheit bedeutet nicht, jedem ein Mikrofon zu geben, der eine Meinung hat."

 Pop lautet das Motto der diesjährigen Republica - die Themen bewegen sich zwischen Popularität und Populismus.

Pop lautet das Motto der diesjährigen Republica - die Themen bewegen sich zwischen Popularität und Populismus.

Foto: dpa, jka fdt

Mit dem Problem der stärker werdenden Rechten setzte sich auch Kolumnist und Internet-Erklärer Sascha Lobo auseinander. Jedes Jahr gibt er den Klassensprecher auf der Republica. In diesem Jahr längst nicht mehr launig, sondern ernst. Eine Kraftrede kündigt er an und löste dies auch ein: Lobo mahnte, dass die digitale Szene unbequeme Probleme nicht ignorieren dürfe. Das könne am Ende dazu führen, dass in weiteren Teile Europas autoritäre Gesellschaftsstrukturen an Bedeutung gewinnen. "Das Gegenteil von rechtsextrem ist nicht linksextrem, sondern nicht-extrem", analysierte Lobo. Der Kampf gegen solche Tendenzen müsse Normalität in einer Demokratie sein.

Am Rande der Republica sorgte die Bundeswehr für Ärger. Als die ersten Besucher am Mittwochmorgen das Veranstaltungsgelände besuchen wollten, wurden sie von uniformierten Bundeswehr-Soldaten flankiert, die Flyer verteilten und mit einem Plakat auf einem Lastwagen auf ihr Auftrittsverbot auf der Republica aufmerksam machten.

Die Veranstalter genehmigten keinen Stand der Bundeswehr, da sie keine Rekrutierung auf dem Gelände wollten. Mit einer Guerilla-Aktion konterte die Bundeswehr vor den Toren der Republica und im Netz. Das geteilte Echo folgte prompt. "Toleranz hört nicht am eigenen Horizont auf", twitterte die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann empört über das Verhalten der Veranstalter. Mit ihrer erwartbaren Reaktion dürfte die Düsseldorferin voll auf die Kommunikations-Strategie der Bundeswehr eingezahlt haben. Was die Bundeswehr verschwieg: Es stand das Angebot, auf Podien der Republica zu sprechen - allerdings ohne Uniform.

(dafi)
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