Nach Massenvergewaltigungen Satire-Video übt beißende Kritik an indischer Gesellschaft

Neu Delhi · Die tödliche Massenvergewaltigung im Dezember in Indien hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Seither kamen immer wieder ähnlich gelagerte Fälle ans Licht. Nun greift ein Video die teils abstrusen Diskussionen in Indien zu dem Thema auf – mit einer bitterbösen Satire. Im Netz ist der Clip schon nach wenigen Tagen ein großer Erfolg.

 Mehr als 1,5 Millionen Mal wurde das Video auf Youtube schon angeklickt.

Mehr als 1,5 Millionen Mal wurde das Video auf Youtube schon angeklickt.

Foto: Screenshot Youtube

Die tödliche Massenvergewaltigung im Dezember in Indien hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Seither kamen immer wieder ähnlich gelagerte Fälle ans Licht. Nun greift ein Video die teils abstrusen Diskussionen in Indien zu dem Thema auf — mit einer bitterbösen Satire. Im Netz ist der Clip schon nach wenigen Tagen ein großer Erfolg.

Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist in Indien allgegenwärtig. Nach dem Vorfall vom Dezember verging kaum eine Woche, in der nicht ein neuer Fall bekannt wurde. Inzwischen sind die Täter, die eine junge Frau in einem Bus entführt, vergewaltigt und so stark verletzt haben, dass sie später starb, zum Tode verurteilt worden. Eine Warnung an mögliche Täter, glaubt so mancher Inder. Doch Menschenrechtler bezweifeln, dass sich dadurch viel ändern wird. Die Debatte aber ist da, und die hat nun auch eine Gruppe von Stand-Up-Komikern aufgegriffen — auf eindrückliche, erschreckende Weise und mit rabenschwarzem Humor.

Die Gruppe "All India Bakchod" hat letzte Woche ein dreieinhalbminütiges Video auf Youtube online gestellt, das jene Debatte einfängt, die in den vergangenen Monaten Indien beherrschte. Der Titel: "It's your fault". Zu sehen ist darin zunächst eine junge Frau, die fragt: "Frauen, glaubt ihr etwa, Vergewaltigung ist eine Sache, die Männer begehen, weil sie nach Jahren des Patriarchats die Kontrolle gewohnt sind?" Und sie fügt hinzu: "Ihr seid fehlgeleitet in der Annahme, dass Frauen auch Menschen sind." Dann lächelt die Frau übertrieben in die Kamera und stellt fest: "Lasst uns den Tatsachen ins Auge sehen: Ihr seid schuld, wenn ihr vergewaltigt werdet."

Vom Kleidungsstil bis zum Ausgehen bei Nacht

Es ist eine Aussage, die dem Betrachter des Videos zunächst den Atem stocken lässt. Die junge Frau, eine Bollywood-Schauspielerin, führt dann Annahmen auf, die in der indischen Öffentlichkeit verbreitet sind: Frauen würden wegen ihrer Kleidung vergewaltigt, weil sie abends ausgehen, weil sie männliche Freunde haben. Unterstützung bekommt sie dabei von einer zweiten Frau, einer indischen TV-Moderatorin. So zeigen die beiden etwa Kleidung, die "gefährlich sein" könnte — mit bissigem Humor. Denn nicht nur der Minirock, sondern auch der Regenmantel oder der Austronauten-Anzug werden gezeigt.

Es ist feinste Satire, die auf dem basiert, was in Indien tatsächlich diskutiert wird. "Es ist etwas, was niemand von einer Gruppe aus vier lustigen Jungs erwarten würde", sagt Rohan Joshi, einer der Macher, der "Times of India". "Und das ist der Punkt. Nichts von all dem, kein Stückchen, ist lustig. Daher sind wir auf eine andere Art und Weise an das Thema herangegangen."

Und so ist in dem satirischen Video auch zu sehen, wie die Frauen im Laufe des Clips immer mehr Verletzungen haben und dennoch stets übertrieben in die Kamera lächeln. Immer wieder betonen sie, dass es doch allein die Schuld von Frauen sei, dass ihnen Gewalt angetan werde. Am Ende gibt es einen Zusammenschnitt von Frauen verschiedener Altersklassen, die alle in die Kamera sagen: "Es ist meine Schuld." Und schließlich wird der Satz eingeblendet: "Hört auf, die Schuld auf das Opfer abzuwälzen."

Mehr als 1,5 Millionen Klicks

"Wir wussten, als wir das Video gedreht haben, dass es sehr viele Reaktionen geben würde", zitiert die "Times of India" Said Juhi, die TV-Moderatorin, die in dem Video mitspielt. "Wir hatten alle diese Diskussionen in unserem sozialen Umfeld und waren wütend und frustriert über diese Aussagen, die Schlagzeilen gemacht haben", sagt sie in Bezug auf die absurden Begründungen für Gewalt an Frauen. Sie wisse, dass dieses Video nur diejenigen erreiche, die Sarkasmus verstünden und dass es nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei. "Aber es ist ein Tropfen, und ich bin stolz, dass ich ein Teil davon bin."

Der Erfolg im Internet jedenfalls gibt den Machern recht. Bis Donnerstagmittag wurde das Video bei Youtube bereits mehr als 1,5 Millionen Mal angeklickt. Und die Kommentare lauten von "bestes Satirevideo, das ich je gesehen habe" über "beeindruckend" bis hin zu "ich hoffe, es werden sehr viele Menschen sehen".

(das)
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