Pixel statt Panzer So soll das Cyberkommando der Bundeswehr arbeiten

Düsseldorf · Die Bundeswehr bekommt eine neue Streitmacht für den Cyber-Krieg. Über 13.000 Experten sollen dort mitarbeiten. Was diese neue Einheit ist, wer dort arbeitet und wo noch Probleme liegen, erklärt unser Überblick.

Cyberwar: Hackerangriffe auf den Staat
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Foto: dpa, obe wst sab

Die neue Cyber-Armee muss nach Ansicht von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Schlachtfeld Internet auch zurückschlagen dürfen. "Wenn die Netze der Bundeswehr angegriffen werden, dann dürfen wir uns auch wehren", sagte die CDU-Politikerin nach einem vorab verbreiteten Manuskript für die offizielle Aufstellung der neuen Truppe am Mittwoch in Bonn. "Sobald ein Angriff die Funktions- und Einsatzfähigkeit der Streitkräfte gefährdet, dürfen wir uns auch offensiv verteidigen." In den Auslandseinsätzen sei die rechtliche Lage da klar. "Hier bestimmen die Bundestagsmandate die Möglichkeiten - und Grenzen - das gilt selbstverständlich auch für den Cyberraum."

  • Die Cyber-Armee, offiziell Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR), ist neben den Waffengattungen Heer, Luftwaffe und Marine eine neue, vierte Streitmacht. Das ist eine Forderung der Nato an ihre Mitglieder.
  • Das IT-Netzwerk der Bundeswehr gehört zu den größten in Deutschland. Entsprechend oft wird es angegriffen. Allein in den ersten neun Wochen des Jahres seien die Bundeswehr-Rechner mehr als 284.000 Mal Ziel von Cyber-Attacken gewesen, sagt der Chef des Cyber-Kommandos, General Ludwig Leinhos.
  • Nach den Erfahrungen aus dem US-Wahlkampf — Hacker erbeuteten etwa Mails von Hillary Clinton und ihrem Team — ist es ein passender Zeitpunkt, das CIR ins Leben zu rufen. Im September ist in Deutschland Bundestagswahl und auch da werden Cyber-Angriffe befürchtet.
  • Die Informatiker-Armee soll künftig nicht nur Waffensysteme und Computernetze der Bundeswehr schützen, sondern auch zu Angriffen in der Lage sein. Bei einem Auslandseinsatz etwa könnte die IT-Truppe das Internet überwachen und die Kommunikationskanäle des Gegners stören, um ihn zu isolieren, erklärt Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder.
  • Etwa 60 Personen werden zur operativen Einheit gehören, die mit einem entsprechenden Bundestagsmandat Cyberattacken fahren kann.
  1. Viele der 13.500 Mitarbeiter im CIR arbeiten bereits in anderen Teilen der Bundeswehr und werden im neuen Kommando gebündelt. Allein 2017 sollen aber bis zu 1800 Personen neu eingestellt werden.
  2. Die üblichen Einstellungsvoraussetzungen bei der Bundeswehr werden dafür deutlich gelockert. Staatssekretärin Suder sagt, man müsse etwa über den Umgang mit Studienabbrechern nachdenken.
  3. Auch die üblichen Fitnesstests dürften entfallen. Denn: "Es ist etwas anderes, wenn ich das Ganze quasi mit einem Mausklick mache, als wenn ich als Pionier Brücken baue", sagt Suder.
  4. Zudem müssen die Bundeswehr-Nerds nicht in Uniform zum Morgenappell antreten und können statt in einer Kaserne ganz normal in ihrer Wohnung leben.
  5. Im Falle einer groß angelegten Cyberattacke auf die Infrastruktur in Deutschland wäre kurioserweise aber nicht die Bundeswehr mit ihrer neue Streitmacht zuständig. Das es sich nicht um einen Angriff mit physischer Gewalt handelt, wäre das Bundesinnenministerium am Zug. Die Cyber-Armee dürfte nur zum Schutz eingesetzt werden.

  6. Bislang fehlt laut Innenministerium hierzulande die rechtliche Grundlage, auf einen Cyberangriff mit gleichen Mitteln zu reagieren. Andreas Könen, Cybersicherheitsexperte im Bundesinnenministerium, macht das an einem Beispiel klar: Käme es etwa zu einem Angriff auf eines der vier Stromverteilungszentren, sei der Innenminister für zivile Gegenmaßnahmen verantwortlich. Gemeinsam mit den Betreibern würde dann versucht, die Attacke entweder direkt abzublocken, den Angriff mit Hilfe des Providers zu stoppen oder den verantwortlichen Server zu hemmen. Den angreifenden Server abzuschalten, das sei bislang nicht erlaubt. Dies zu klären, sei eine Aufgabe für die kommende Legislaturperiode.

  7. Trotz der gelockerten Einstellungsvoraussetzungen dürfe es zudem schwierig werden, genügend, und vor allem richtig gute Experten zu finden. Grund: Es gibt viel zu wenige dieser Super-Nerds.
  8. Weil mittlerweile nicht nur Großkonzerne, sondern auch Mittelständler Experten suchen, treibt das die Preise nach oben. Wirklich gute IT-Sicherheitsleute bekommen Einstiegsgehälter von bis zu 120.000 Euro pro Jahr. In der Bundeswehr müsste man General sein, um in diese Verdiensthöhen vorzustoßen.
  9. Auch wer nicht zu den Top-IT-Leuten gehört, kann locker 60.000 bis 70.000 Euro im Jahr verlangen. Ein Blick in die Besoldungstabelle der Bundeswehr zeigt, davon dürften das Gehalt der IT-Experten erst einmal weit entfernt sein.

Gerade weil aber die Konkurrenz in dem Bereich so groß ist, will die Truppe selbst IT-Fachkräfte ausbilden. In München entsteht dazu an der Bundeswehr-Uni ein Cyber-Forschungszentrum und ein Master-Studiengang.

(csr)
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