Studie Die Generation iGen - unglücklich im Internet

Washington · Aktuelle Studien belegen erneut, dass die exzessive Nutzung sozialer Medien ungesund ist. Die amerikanische Psychologin Jean Twenge bescheinigt der aktuellen Generation sogar eine verlangsamte Entwicklung.

 Smartphone-Nutzerinnen.

Smartphone-Nutzerinnen.

Foto: dpa, afn

Amerikanische Jugendliche werden immer unglücklicher. Insbesondere seit 2012 sei diese Entwicklung zu beobachten, wie eine aktuelle Studie angibt, veröffentlicht von der Vereinigung amerikanischer Psychologen.

Schuld sei der Untersuchung zufolge die zunehmende Zeit an Bildschirm und Handy - "in sozialen Medien, im Internet, beim Texten und Spielen". Vollständige Abstinenz führte allerdings nicht zur Besserung, ganz im Gegenteil. Die Teilnehmer, die weniger als eine Stunde pro Tag in sozialen Medien unterwegs waren, schnitten dagegen am besten ab.

Das Ergebnis der Studie ist eindeutig - Jugendliche, die viel Zeit an Bildschirm und Handy verbringen und weniger Zeit mit persönlichen Kontakten, Sport oder Hausarbeit, sind weniger glücklich, selbstbewusst und zufrieden. Insgesamt wurden 1,1 Millionen Jugendliche der achten, zehnten und zwölften Klassen in den Vereinigten Staaten befragt.

Dieser Längsschnitt unter Jugendlichen wird seit 1975 im Rahmen des "monitoring the future"-Programms jährlich zu Themen wie Alkohol, Drogen und Risikoverhalten betrachtet. Die Autoren der Studie konzentrierten sich nun darauf, wie selbstbewusst, zufrieden und glücklich sich die Probanden selbst einschätzten. Im Anschluss verglichen sie die Aussagen mit den angegebenen Zeiten, die die Jugendlichen in der digitalen Welt verbrachten.

Die geringeren Werte bei Glück und Zufriedenheit bei den Probanden seien aber nicht nur auf den Einfluss von Facebook, Twitter und Co. zurückzuführen. Es sei vor allem der Zeitmangel für andere Offline-Aktivitäten, der genauso schwer wiege.

Der direkte persönliche Kontakt mit Freunden und Familie ebenso wie die unmittelbare Interaktion mit der Umwelt gingen verloren. Dies seien aber wichtige Voraussetzungen für Selbstbestätigung und -entwicklung.

Einer der drei Autoren der Studie, Jean Twenge, Professorin für Psychologie an der San Diego State University, sagte bereits im vergangenen Jahr, dass Kinder, die nach 1995 geboren wurden, zwar super-vernetzt und tolerant seien, dafür aber weniger rebellisch, weniger glücklich und komplett unvorbereitet für das Erwachsenendasein. Sie nennt diese Generation iGen.

Twenge sagt, dass die iGens in "noch nie da gewesenem Ausmaß Ängste, Depressionen und Einsamkeit" erfahren. Dies liege daran, dass soziale Medien und der Austausch über Textnachrichten immer mehr im Vordergrund stünden und keine Zeit mehr bliebe, um einfach nur mit Freunden zu spielen.

Die Wissenschaftlerin bescheinigt der Generation iGen darüber hinaus eine langsamere Entwicklung. "iGens werden langsamer erwachsen als vorherige Generationen: 18-Jährige sehen aus und verhalten sich wie 15-Jährige." Twenge zufolge muss die Gesellschaft lernen, mit dieser neuen Generation umzugehen.

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Foto: dpa-tmn/Crosscall

Die Wirtschaft müsse herausfinden, wie man sie anwerben und ihnen etwas verkaufen kann, Hochschulen und Universitäten müssen ihnen etwas beibringen können. Am wichtigsten aber sei es, dass sich die iGens selbst verstehen, um für ihre Bedürfnisse und Ansichten eintreten zu können.

Schon Anfang 2017 wiesen Wissenschaftler im Amerikanischen Journal für Epidemiologie darauf hin, dass zwischenmenschlicher Kontakt das Wohlbefinden fördere. Sie zählten dafür die Anzahl an "Likes", "Links" und "Status Updates", die die Probanden auf Facebook machten. Je mehr Aktionen von den Probanden durchgeführt wurden, umso schlechter bewerteten diese ihre eigene mentale Gesundheit.

Für Kritiker ist es Wasser auf die Mühlen, dass sich in der Vergangenheit ausgerechnet Microsoft-Gründer Bill Gates sehr restriktiv zeigte, was die Nutzung von Tablets und Handys bei seinen eigenen Kindern anging. So habe Gates die Zeiten eingeschränkt, die seine Tochter am Bildschirm verbringen durfte, und ein Handy habe es nicht vor dem 14. Geburtstag gegeben.

Angesprochen auf Computer in der Schule betonte er den Unterschied zwischen Unterhaltung und Lernen. Digitale Hilfsmittel gäben Lehrern die Möglichkeit, mit personalisierten Angeboten mehr auf Bedürfnisse Einzelner eingehen zu können.

(cha)
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