"Lukas! Lukas! Lukas!" schallt es über den Vorplatz der Kölner Lanxess Arena. Oliver Pensold wird hellhörig. "Er scheint zu kommen, der Herr Rieger", stellt der 45-Jährige fest.

Und tatsächlich: Lukas Rieger schlendert betont lässig zu seinen wartenden, in erster Linie weiblichen Fans, die sich für Selfies über ein hüfthohes Absperrgitter beugen.

Eine der Wartenden: Pensolds Tochter Pia, 13 Jahre alt. Sie sagt, dass sie "den Charakter und die Stimme" von Lukas Rieger mag. Rieger singt und hat deswegen auf YouTube rund 450.000 Abonnenten. Oliver Pensold meint, dass das vielleicht vergleichbar sei wie bei im früher mit Karl-Heinz Rummenigge. Den habe er als Fußballer auch sehr verehrt.

Lukas Rieger, Mike Singer, Bodyformus, SKK, Mario Novembre, Cimorelli - wer jenseits der 30 ist, muss sich die Namen oft erstmal draufschaffen. Dabei sind sie so berühmt, dass bei einer Autogrammstunde von Rieger einmal mehrere Teenager kollabierten.

Es sind zwar viele Youtuber bei den Videodays 2017 vertreten, doch im Vergleich zum Vorjahr fehlen die ganz großen Namen. Bibi von BibisBeautyPalace fehlt, ebenso Julien Bam, Die Lochis, ApeCrime oder die Stuttgarter Zwillinge Lisa und Lena - um nur ein paar zu nennen.

Was bei den Videodays passiert, ist gar nicht so unähnlich zu Auftritten der Rolling Stones oder der Backstreet Boys vor Jahrzehnten. Junge Mädchen schreien und wollen Autogramme, ihre Eltern halten sich im Hintergrund. "Für diese junge Zielgruppe ist wichtig, etwas Eigenes zu haben", sagt Videodays-Gründer Christoph Krachten. Etwas, das ihre Eltern nicht verstehen.

Jung kann dabei sehr jung bedeuten. "Ich würde sagen, ein Digital Native beginnt heute bei eineinhalb Jahren. Ich habe ein Nachbarskind, das geht ans Telefon und sagt 'Google Elefant', weil es Elefanten sehen möchte", sagt Krachten.

Und die Szene entwickelt sich weiter. Das zweitägige Event beginnt mit einer opulenten Bühnenshow. Die ist leicht zu bestücken, weil viele YouTuber inzwischen Musik machen, immer häufiger landen sie damit auch in den Charts.

Dahinter steht eine komplette Industrie, die YouTuber haben Managements und Werbe-Deals. Die Videodays selbst haben mit Divimove seit diesem Jahr einen neuen Veranstalter, der eigenen Angaben zufolge darüber nachdenkt, in andere Länder zu expandieren.

Die Szenen vor der Halle überdecken, was sonst im YouTube-Kosmos passiert. Hannah Thalhammer etwa kann mit den kreischenden Mädchen offenbar nicht so viel anfangen. Die 26-Jährige ist mit dem Comedy-Kanal "Klein aber Hannah" groß geworden. Es gebe zwar nichts Schöneres, als mit Fans zu quatschen, etwas Zeit zu haben, sagt sie: "Aber so viele Massen. Und alle kreischen und alle weinen und fallen um. Das ist mir zu viel." Trotz dieser Skepsis hat sie mehr als 200.000 Abonnenten.

Technik-YouTuber Felix Bahlinger (23, "Felixba") ist froh, eine relativ ruhige Fangemeinde zu haben. "Ich habe - glaube ich - allein schon wegen der Art des Contents, den ich produziere, das Glück, dass ich eher Zuschauer habe und nicht Fans, die mir kreischend hinterherrennen", sagt er. "Wenn ich sehe, wie manch andere YouTuber hier schon fast verfolgt werden, dann bin ich froh, dass ich nicht in ihrer Haut stecke", sagt der 23-Jährige.

Seit 2010 treffen sich bei den Videodays bekannte YouTuber mit ihren Fans - offline. Angefangen hat es mit 450 Leuten, mittlerweile kommen Jahr für Jahr Tausende. 2017 rechnen die Veranstalter mit mehr als 10.000 Besuchern.

Online scharen die Stars der Webvideo-Plattform mit ihren Clips über Musik, Schminktipps, Technik oder Comedy allerdings noch mehr Menschen um sich. Christoph Krachten rechnet vor: In diesem Jahr habe man rund 500 Social-Media-Größen versammelt. "Sie haben zusammen eine Reichweite von über 100 Millionen Social-Media-Fans."

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